Eigentlich…Begangene Geschichte(n) im Kunst- und Deutschunterricht (10c) / Teil II

Eigentlich… steht die Zeit des Lockdowns und des Wechselunterrichts ja gemeinhin für das Schlimmste, was Schülerinnen und Schülern passieren konnte. Dass auch in dieser Zeit viel gelernt wurde, neue Wege durch stetes Herumtrampeln entstanden und kollaboratives Lernen manchmal sogar vereinfacht wurde, dürfte zumindest uns Insidern, den Lehrer*innen und Schüler*innen bekannt sein. In der 10c wuchs im letzten Schuljahr ein Projekt heran, dass sich sehen lassen kann. Im Deutschunterricht mit Frau Sieverding wurde das Tagebuch der Anne Frank gelesen, im Kunstunterricht parallel dazu die neuere, ausgezeichnete Graphic Novel zum Tagebuch, umgesetzt von Ari Folman und David Polonsky „gelesen“.

„Das Buch und die Graphic Novel parallel zu lesen, finde ich sehr interessant, da man Bilder zu vielen Textstellen sieht und sich diese dann besser vorstellen kann“, findet Xenia, und erläutert: „Die GN ist eine coole Art das Tagebuch darzustellen, da sie manchmal Situationen und Gefühle von den Beteiligten besser ausdrücken kann, als wenn man es nur liest. Außerdem ist in dieser GN öfter mit Humor gearbeitet worden, denn mit Humor haben die Protagonisten versucht, mit der Situation fertig zu werden. So eine GN ist gut für Jüngere, da viel verbildlicht wurde und auch für Teenager, die nicht so gern lesen. Auch ist diese Form interessant für Erwachsene, weil die Themen, die dort angesprochen werden, eigentlich für jeden geeignet sind, der sich mit der Judenverfolgung beschäftigen will.“

Ausgehend von diesen Leseerfahrungen entstanden dann nach einer offenen Ideenfindung unterschiedliche „Forschungsprojekte“ in der Klasse, deren Zwischenstand und Ergebnisse auf einem Padlet, einer interaktiven, virtuellen Pinnwand gesammelt wurden. Ein Team baute eine Denkmal für Anne Frank, es entstanden ein Modell des Hinterhauses und eine Karte mit den Stationen ihres Lebens. Die Thematik und Methoden wurden von den Lehrerinnen nicht begrenzt, das eigene Interesse war leitend, so nahmen Yavan und Laura  zwei englischsprachige Podcastfolgen zu „medizinischen Experimenten“ in Konzentrationslagern auf, zwei Teams drehten sehr unterschiedliche kurze Filme und eine Gruppe befragte die Anne-Frank-Schule zum schulischen Umgang mit der Namensgeberin. Mohammad ließ sich von Frau Sieverding zu einem Instagram-Account anstiften: Er erstellte das fiktive Profil von Otto Frank.

Eine Art Zwischenevaluation erhielten die EMAner*innen unverhofft von den Studierenden der Uni-Osnabrück, die im Rahmen des Seminars „Graphic Novels zu Holocaust Learning und Menschenrechten“ das Padlet besuchten und Feedback zu all den Projekten gaben. So lobte eine Studentin Oliver Relkes Projekt: „Ich finde deine Anmerkungen zu den Seiten total passend und finde es schön, dass du dir Gedanken dazu machst, wie man Jüngeren die schwere Thematik näher bringen kann. Ich stimme dir auch in dem Punkt zu, dass die Graphic Novel da ein gutes Mittel sein könnte. Mir gefällt auch sehr gut, wie du mit deinem Beitrag zum Thema „Ist Rassismus ansteckend?“ einen Bezug zur Gegenwart herstellst, da ich der Meinung bin, dass es zum Gedenken und der Aufarbeitung der Geschehnisse dazugehört, aktuelle Entwicklungen ständig kritisch zu hinterfragen und nicht einfach unter den Teppich zu kehren, wie es einige Personen versuchen.“

Einige Schülerinnen aus der Klasse waren übrigens im Rahmen des Austausches vor einigen Jahren in Haarlem und haben mit Frau Sieverding und Frau Sturm das Corrie ten Boom-Museum im „Uhrmacherhaus“ besucht. Eineinhalb Jahre lang versteckte Corrie ten Boom gemeinsam mit ihrer Familie mehrere jüdische Familien in ihrem Haus, sie und ihre Schwester wurden denunziert, verhaftet und ihre Schwester starb im KZ-Ravensbrück. Ähnlich wie das Anne-Frank-Haus in Amsterdam, nur unbekannter und kleiner, war auch der Besuch dieses Ortes für die damalige Austauschgruppe unvergesslich.

Noch in dieser Woche werden die Ergebnisse des Projektes der 10c in der Bibliothek gemeinsam mit Herrn Völkerding im Rahmen unseres schulischen Engagements für eine „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ insbesondere von Rune Büter, Emmi Thamm und Carla Robrecht aufbereitet und dann zunächst der Schulöffentlichkeit zugänglich sein, eine digitale Veröffentlichung im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit und für unsere Partnerschule in Haarlem ist in Planung.

Möglich war dieses Projekt übrigens nur dank einer großzügigen Unterstützung unseres Fördervereins, so konnten wir einen ganzen Klassensatz der Graphic Novel anschaffen, der auch künftig als solcher entliehen werden kann.

Maja Sturm

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