Abiturjahrgang 2008

Annika Albers; Olga Anánev; Konstantin Antonovski; Artur Bajburtzján; Katarina Bender; Hermann Bener; Sergej Bock; Eugenia Bogdan; Katharina Bolgov; Swetlana Boschenski; Eva Brix; Özlem Buran; Alica Dauwe; Eveline Dick; Marscha Edmonds; Olga Eikens; Tamara Fedorchuk; Nina Fergadis; Susanne Foitzik; Manuela Gang; Barbara Greiwe; Elena Grieb; Sabrina Große; Frank Gödiker; Swetlana Herlitz; Alexander Holtser; Arash Jakfar; Werner Joachimiak; Kawshalya Kamalanathan; Melissa Kintscher; Mariya Kostyuk; Sonja Krallmann; Dina Kuck; Farina Kuhlmann; Thorsten Langemeyer; Sarah Leitloff; Inka Charlott Meyer; Daniel Miebach; Kristina Müller; Sascha Möller; Alexander Nordheimer; Sarah Nowack; Saskia-Joanna Pagan; Laurentia Paradowski; Franziska Pax; Natalie Peppler; Martina Scheer; Sascha Scheier; Sergej Schewa; Wolfgang Schliebs; Marlene Schriever; Jagdip Singh; Isabell Steinbrück; Marco Stünkel; Viktoria Tarasenko; Ansgar Wecks; Anja Wiethäuper; Janine Wüppelmann; Wolfgang Zedler

 

 


Die Reden:

Begrüßung (OStD Hartmut Bruns)

Für die Schule: OStR Dr. Friedemann Neuhaus

Für die Eltern: Annette Schriever

Für den Abiturjahrgang: Laurentia Paradowski und Martina Scheer

 

 
Begrüßung: OStD Hartmut Bruns

Liebe Eltern,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
liebe Jubiläumsabiturienten,
liebe Angehörige und Freunde unserer Abiturientinnen und Abiturienten
und besonders,
liebe Abiturientinnen und Abiturienten!

Schön, dass ein so großes Auditorium zu diesem festlichen Anlass zusammen gekommen ist.
Heute dürfen wir uns freuen, dass 48 Abiturientinnen und Abiturienten unserer Schule das dritte niedersächsische Zentralabitur bestanden haben.
Darüber hinaus wird heute 6 Schülerinnen und Schülern das Zeugnis über den schulischen Teil der Fachhochschulreife verliehen.

Als Leiter des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums begrüße ich Sie alle recht herzlich zur Entlassungsfeier unserer Abiturientia 2008 in unserem Schulforum.

Liebe Jubiläumsabiturienten,

Sie, die Sie vor 25, 40 oder 50 Jahren am EMA das Abitur abgelegt haben, begrüße ich besonders herzlich.

Sie sind zum Teil von weither angereist, um an diesem Tag, der jedes Jahr aufs Neue für die Abiturientinnen und Abiturienten Abschluss, Besinnung und Aufbruch gleichermaßen beschreibt, Verbundenheit mit Ihrer alten Schule zu dokumentieren, einer Schule, die sich nach dem Schulbrand von 2001 stark verändert hat, die inzwischen sowohl Europaschule als auch Ganztagsschule und seit dem 1.8. 2007 Eigenverantwortliche Schule ist, aber hier gehen Theorie und Praxis noch weit auseinander.

Ist den Abiturientinnen und Abiturienten am heutigen Tage vor allem nach Aufbruch zumute, so dokumentieren Sie, liebe Ehemalige, dass einen die alte Penne ein Leben lang nie ganz loslässt.
Dieses Gymnasium – insbesondere einzelne Lehrerinnen und Lehrer – haben Sie für Ihr Leben geprägt und ist somit ein Teil Ihrer Identität.

Ich vermute, dass Sie bei Ihren Treffen heute und morgen noch viele schulische Erinnerungen austauschen werden. Aber diese anekdotischen Erinnerungen sind nur das nach Außen Mitteilbare. Nicht so leicht mitteilbar ist das, was man mit einem einfachen Wort als „Bildung“ bezeichnet, die Entfaltung des Geistes, die Schulung des Verstandes und des kritischen Denkens.
Diesen verborgenen Schatz trägt jeder Einzelne von Ihnen in sich, durch Ihn sind Sie zu Persönlichkeiten gereift.

Dass auch unsere heutigen Abiturientinnen und Abiturienten zu Persönlichkeiten heranwachsen mögen, wünschen wir uns alle natürlich von ganzem Herzen.


Liebe Eltern,

mit besonderer Dankbarkeit wende ich mich heute an Sie.
Mit Ihnen hat uns Lehrerinnen und Lehrer des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums ein langer Weg verbunden.
Wenn Ihre Kinder den Weg erst von der Realschule zu uns gefunden haben, so sind es mindestens 3, wenn Ihre Kinder am EMA eingeschult wurden, haben Sie mindestens 7 Jahre lang die Schullaufbahn Ihrer Töchter und Söhne mit Sorge, mit Wünschen und Hoffnungen begleitet. Sie haben Höhen und Tiefen erlebt und wahrscheinlich diesem Tag schon lange entgegengefiebert.

Ich möchte an dieser Stelle insbesondere den Eltern danken, die uns in einem der wohl schwersten Jahre, die unser Gymnasium in seiner inzwischen fast 141-jährigen Geschichte zu überstehen hatte, ihr Vertrauen geschenkt und ihr Kind am EMA angemeldet haben.

In der Zeit zwischen dem Schulbrand am 25. Februar 2001 und den Anmeldungen am 12. und 13. Juni 2001 habe ich mich des Öfteren gefragt, wer denn wohl sein Kind an einer Schule anmelden würde, die de facto nicht mehr existierte.
Ich habe dem scheidenden Kultusdezernenten der Stadt Osnabrück Reinhard Sliwka in dieser Woche auch noch einen Dankesbrief geschrieben, denn ich bin sicher, ohne die seine Aussage
„Das EMA wird seinen Unterricht nach den Sommerferien wieder aufnehmen können“,
würde unser Gymnasium wohl nicht mehr existieren.
Das EMA hat im Übrigen den Unterricht mit allen Schülern – wie Herr Sliwka es angekündigt hat – nach den Sommerferien wieder aufgenommen, — allerdings erst 2 Jahre später.

Als Schulleiter dieses Osnabrücker Traditionsgymnasiums möchte Ihnen, liebe Eltern, heute auch ausdrücklich für die Liebe, Geduld und fürsorgliche Begleitung danken, die Sie Ihren Kindern auf dem Weg zum Abitur haben zuteil werden lassen.

Auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt auch im dritten Jahr des Zentralabiturs im Lande Niedersachsen Jahr mein ganz besonderer Dank.

Sie haben nicht nur während der Abiturphase in den letzten Monaten, sondern über viele Jahre Ihre Energie, Ihr Wissen und Ihre pädagogische Kompetenz eingesetzt, damit die Schülerinnen und Schüler, die wir heute verabschieden, ihr Abitur erreichen konnten, und ich weiß, viele von Ihnen haben genauso gezittert wie die Schülerinnen und Schüler, wenn es um die Auswahl der Abituraufgaben ging.
Unsere gemeinsame Verantwortung bestand darin, Bedingungen zu schaffen, unter denen Wertschätzung der Bildung, aber auch die Fähigkeit zu demokratischer Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen möglich wurde.
Ich bin der festen Überzeugung, dass uns das gelungen ist.

Wenn ich in dieser Feierstunde eine Lehrkraft herausgreife, so ist das StD Wolfgang Jonas, der unseren Abiturientinnen und Abiturienten als Jahrgangskoordinator während der gesamten Oberstufenzeit zur Seite gestanden und ihnen für viele gute Ratschläge gegeben hat. Ihm gilt heute unsere besondere Anerkennung. Ein Schüler säße heute definitiv nicht hier, wenn nicht Herr Jonas ihm durch einen Trick eine „abenteuerliche“ Umwahl ermöglicht hätte. Aber weitere Details werde ich nicht verraten.

Mein Dank gilt heute aber auch denjenigen, die oft im Hintergrund stehend, die Voraussetzungen für das Gelingen unserer Arbeit schaffen:
den Hausmeistern Herrn Bäumler und Herrn Kerrinnes, unserem Schulassistenten Herrn Tiemann und den Sekretärinnen Frau Kowalinski, Frau Mock und Frau Riepenhoff – alle drei sind im Übrigen Teilzeitkräfte.

Was insbesondere unser Sekretariat in dieser Zeit leistet, will ich hier nicht aufzählen, jeder würde nämlich meinen, ich übertreibe. Deshalb sage ich ganz lapidar: Danke.

Aber nun zu Ihnen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten des Jahres 2008.

Wenn Sie heute die Zeugnisse der Allgemeinen Hochschulreife, des dritten Zentralabiturs in Niedersachsen, im Rahmen dieser Feierstunde überreicht bekommen, so ist das für Sie zu Recht ein Anlass zur Freude und des Stolzes über das Erreichte.

So unterschiedlich Ihre Gedanken und Gefühle sein werden, ich bin sicher, ein Grundgefühl ist allen gemeinsam. Mit einem Gefühl der Befreiung, aber auch der bestätigten Leistungen verlassen Sie heute das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium.
Sie verlassen diese Schule, um nun Ihre ganz persönliche Zukunft zu planen. Erst in einigen Jahren werden Sie merken, wie sehr Sie das EMA für Ihr Leben geprägt hat.

Aus Filmen und von Fotos, manche sicher auch aus eigener Anschauung, kennen alle die Skyline von New York, die Wolkenkratzer auf der Halbinsel Manhattan. Viele hundert Stockwerke, viele hundert Meter ragen sie in den Himmel.
Natürlich hätte man nicht so bauen können, wäre der Boden sandig, wäre er nachgiebig gewesen, könnte er unterspült oder ausgehöhlt werden.
Aber Manhattan, das ist massiver Felsuntergrund. Darauf kann man bauen.
Die Wolkenkratzer in New York werden nicht einstürzen.
Sie sehen, ein gutes Fundament ist unerlässlich.

Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,
ich bin der Auffassung, das Fundament für Ihre Zukunft haben ihre Lehrerinnen und Lehrer am Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium gemeinsam mit Ihnen gelegt.
Nun liegt es in Ihrer Verantwortung, was Sie in Ihrem weiteren Leben auf diesem Fundament bauen.

Ich halte heute nicht die Abirede, sondern ich begrüße Sie nur. Erlauben Sie mir aber, dass ich Ihnen drei Weisheiten mit auf Ihren Weg geben

1. Nur der Untätige begeht keine Fehler.

Lassen Sie sich von der Angst, möglicherweise eine falsche Entscheidung zu treffen, nicht davon abhalten, überhaupt aktiv zu werden. Denken Sie daran: „Klug ist nicht, wer keine Fehler macht, sondern wer sie schnell zu verbessern versteht“ (Lenin).
Aus diesem Grunde fordere ich Sie auf:
Tragen Sie in Zukunft ein hohes Maß an Verantwortung für Staat und Gesellschaft und verlieren Sie gleichermaßen Ihre Mitmenschen, die Ihrer Hilfe bedürfen, nicht aus den Augen.

2. Nur wer mit Unbekanntem rechnet, rechnet richtig.

Machen Sie sich frei von der Vorstellung, nur das Vorhersehbare, das Planbare bietet Gewähr für eine erstrebenswerte Zukunft. Im Gegenteil, stehen Sie gerade dem Unerwarteten, der Veränderung, dem Neuen und damit der Zukunft schlechthin, positiv und mit gespannter Aufnahmebereitschaft gegenüber.

Vertrauen Sie in Ihre eigenen Fähigkeiten und vertrauen Sie Ihren Mitmenschen.
Haben Sie Visionen und versuchen Sie diese zu realisieren.

3. Nur langweilige Naturen sind frei von Widersprüchen und schwimmen immer nur mit dem Strom.

Stehen Sie zu Ihrer Widersprüchlichkeit und versuchen Sie nicht krampfhaft alles scheinbar Unpassende zu beseitigen und sich, gleich welchen Vorgaben auch immer, anzupassen.
Gerade der Umgang mit Widersprüchlichkeiten stellt den Motor für Ihren persönlichen und darüber hinaus allgemeinen Fortschritt dar.
Es ist zwar nicht leicht gegen den Strom zu schwimmen, aber manchmal ist es der einzige Weg.


Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,

jeder und jedem Einzelnen von Ihnen wünsche ich von Herzen Gesundheit, Erfolg Studium und im Beruf und was ganz wichtig ist: persönliche Zufriedenheit und über stehe Gottes Segen.

Uns gemeinsam wünsche ich:
möge der Kontakt zu Ihrer alten Schule nicht abreißen. Ein gutes Verbindungsglied dafür ist u.a. der Förder- und Ehemaligenverein unserer Schule.

Nun wünsche ich uns allen eine schöne Feier.

 

Für die Schule: OStR Dr.Friedemann Neuhaus

Meine Damen und Herren,
liebe Abiturientinnen und Abiturienten,

gerne habe ich der Anfrage zugesagt, in diesem Jahr die Abirede zu halten, denn nach wie vor empfinde ich es als Auszeichnung, von Euch Schülerinnen und Schülern für diesen Anlass ausgesucht zu werden. Vielen Dank für das in mich gelegte Vertrauen.

Der Abiturjahrgang 2008 hat im Laufe der letzten beiden Jahre ganz schön Federn gelassen. Waren es zu Beginn des 12. Schuljahres im Sommer 2006 – laut der Liste im ema-report, die möglicherweise nicht ganz korrekt ist – noch 100 Schülerinnen und Schüler, so sind davon gerade einmal 48 übrig geblieben, die in wenigen Minuten ihr Zeugnis über die allgemeine Hochschulreife in Empfang nehmen dürfen. Irgendetwas ist da ganz gehörig schief gelaufen, wenn ungefähr die Hälfte auf der Strecke geblieben ist. Euer Abi-Motto, mit dem das Prinzip des Durchwurstelns beschönigt wird: „Nicht aufgepasst, nicht zugehört, nicht beteiligt und trotzdem geschafft“, hat eben doch nur begrenzte Gültigkeit.

Was sind die Ursachen für dieses doch erschreckende Ergebnis? Aus Lehrersicht bietet sich die einfache Variante an, die „Schuld“ bei den Schülern zu suchen: Zu faul, zu dumm, zu oft gefehlt. Oder um es mit wieder dem Abimotto zu sagen: Nicht aufgepasst, nicht zugehört, nicht beteiligt und deshalb nicht geschafft. In der Tat hatte dieser Jahrgang eine nicht unerhebliche Anzahl von Schülerinnen und Schülern in seinen Reihen, die von Beginn an nicht unbedingt abiturtauglich erschienen. Weil sie eigentlich gar nicht Abitur machen wollten, aber noch keinen Ausbildungslatz gefunden hatten; weil sie einen kostspieligen Lebensstil pflegten, so dass sie eher ans Geldverdienen als ans Lernen dachten; weil sie Schwierigkeiten mit der Pünktlichkeit und dem regelmäßigen Unterrichtsbesuch hatten oder auch weil sie schlichtweg überfordert waren.

Dieser naturgemäß nicht objektiven Lehrersicht kann man aus Schülersicht sicherlich einiges entgegensetzen. Wenn denn die Schüler so schlecht sind, dann kann das doch eigentlich nur an den Lehrern liegen. Schließlich hätte man uns Schülern das ja alles im Laufe der Schulzeit beibringen müssen. In der Tat kann ich nicht leugnen, dass ich an meinem Unterricht manches Versäumnis erkenne – für die anderen Kollegen kann ich nicht sprechen. Die methodische und fachliche Kompetenz zu steigern ist mir im Laufe der zwei Jahre nicht signifikant gelungen. Nach der Klausur unter Abiturbedingungen wähnte ich mich kurzfristig am Ziel. Doch die Abiturklausur ist dann wieder kaum besser ausgefallen als die erste Klausur in 12. Es lässt sich also nicht leugnen: Wir haben als Schule in vielerlei Hinsicht das Klassenziel, nämlich die uns anvertrauten Schülerinnen und Schüler zum Abitur zu führen, nicht erreicht.

Eine dritte Perspektive möchte ich anführen. Es ist die Perspektive von uns allen, von Lehrern, Schülern und Eltern. Eine wesentliche Ursache dafür, dass so viele auf der Strecke geblieben sind, ist mit Sicherheit die Oberstufenreform, die zu einer maßgeblichen Verschärfung der Bedingungen geführt hat. Statt vier nun fünf Prüfungsfächer, statt zwei nun praktisch drei Leistungskurse, weniger Abwahlmöglichkeiten, dafür mehr Belegungsverpflichtungen; statt sechs nur noch vier erlaubte sog. Unterkurse in den Fächern, die nicht Schwerpunktfach sind. Das Abitur, das Christian Wulff 1980 am EMA abgelegt hat, so möchte ich behaupten, war ein Spaziergang dagegen (Mein hessisches Abitur von 1986 will ich davon nicht ausnehmen). Ich zitiere aus dem Interview, das wir vom ema-report im Jahr 2003 mit dem damals frisch gewählten Ministerpräsidenten gemacht haben: „Meine Stunde schlug erst, als ich die Schwerpunkte wählen konnte, also in der Oberstufe mit Deutsch, Gemeinschaftskunde und Erdkunde als Abiturfächer.“ Heute gilt diese Möglichkeit des Wählens und Abwählens als Ursache für schlechte Ergebnisse von Schülern in Ausbildung und Studium.

Überhaupt Ergebnisse: Die berühmt-berüchtigte Pisa-Studie hat die deutsche Bildungspolitik in einen Schock versetzt, vergleichbar vielleicht mit dem so genannten Sputnik-Schock, der in den 60-er Jahren eine Flut von Reformen in der Schule auslöste. Pisa steht für das schlechte Abschneiden deutscher Schüler im internationalen Vergleich. Pisa steht für das Versagen der deutschen Bildungspolitik und der deutschen Schule. Pisa steht für die Angst der Deutschen, international ins Hintertreffen zu geraten. Deshalb werden jetzt regelmäßige Vergleichsarbeiten geschrieben; deshalb ist das Zentralabitur eingeführt worden; deshalb ist die Schulzeit im Gymnasium von 9 auf 8 Jahre verkürzt worden; deshalb werden regelmäßig neue Tests durchgeführt, die dann dem deutschen Bildungswesen ebenso regelmäßig ein verheerendes Zeugnis ausstellen. Deshalb ist der Leistungsdruck bereits in der Grundschule so angehoben worden, dass dem viele Kinder schon nicht mehr standhalten.

Man kann es so zusammenfassen: Die Anforderungen sind erhöht worden, ohne die Rahmenbedingungen zu verbessern: Was ist mit der Klassengröße von über 30 Schülern pro Klasse? Wo sind die Lehrkräfte, die im Teamteaching differenzierten Unterricht in die Praxis umsetzen und die Leistungsschwächeren ebenso fördern können wie die Leistungsstarken. Wer hat bei der Verkürzung der Schulzeit auch an eine Reduzierung der Inhalte und damit der zu leistenden Stunden gedacht?

Die deutsche Bildungspolitik hat bei dem Ziel, international mithalten zu können, d.h. gute Testergebnisse beim Pisa-Test vorweisen zu können, etwas ganz Wichtiges aus dem Blick verloren, nämlich euch, die Kinder und Jugendlichen. Es geht nicht mehr darum, junge Menschen auf dem Weg zu einer vielseitig gebildeten und gefestigten Persönlichkeit zu begleiten, sie zu bilden im klassisch-humanistischen Sinn des Wortes, sondern eigentlich nur noch darum, im Ländervergleich gut zu abzuschneiden und die Überlegenheit des eigenen Schulwesens unter Beweis zu stellen. Schüler aus Bayern schneiden besser ab als Schüler aus Bremen. Über eine solche Schlagzeile freut sich der bayerische Kultusminister natürlich.

Demgegenüber steht, dass der Anteil der öffentlichen Bildungsausgaben gemessen an der Wirtschaftsleistung in Deutschland nur 4,4 % beträgt, während die Industrieländer der OECD im Durchschnitt 5,2 Prozent des BIP für Bildung aufwenden. Daran sieht man, dass all die Beschwörungsformeln, dass Bildung unser höchstes Gut sei, nur leere Floskeln sind, solange sich dies nicht auch in einer materiellen Wertschätzung niederschlägt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang gern an die Gründer unserer Schule Johannes Miquel, der schon vor 140 Jahren gesagt hat: „Kein Kapital trägt bessere Zinsen als der Aufwand für Schulen.“ Welcher Politiker wollte dem widersprechen? Doch wer setzt das auch in konkrete Politik um?

Das ist aber noch nicht alles. Der eigentliche Skandal liegt ja darin, dass unser deutsches Bildungswesen nach wie vor soziale Unterschiede zementiert anstatt sie aufzubrechen. Es ist immer noch so (oder besser:) es ist wieder so, dass Kinder aus den sog. bildungsfernen Schichten und Kinder mit einem Migrationshintergrund prozentual deutlich seltener Abitur machen und studieren als Kinder aus der Mittel- und Oberschicht. Hier ist das Versagen des deutschen Bildungswesens mit Händen zu greifen und dabei steht nicht einmal der klassische Konflikt zwischen Einheitsschule und dreigliedrigem Schulwesen im Vordergrund.

Das ist nicht so gemeint, dass es keine Selektion mehr geben soll. Selektion – die Teilnehmer meines Seminarfachkurses werden sich dunkel erinnern – gehört einer gängigen Schultheorie zufolge zu den drei Kernfunktionen der Schule, Qualifikation, Selektion und Integration. Selektion, verstanden als Aufteilung der Schüler gemäß ihren Fähigkeiten und den Anforderungen des Wirtschaftslebens. Nicht jeder muss studieren, es muss auch Leute geben, die Autos reparieren, Fenster einsetzen, Kredite vergeben usw. Ohne die Funktionsanforderung der Selektion bräuchten wir auch gar keine Noten mehr.

Die zweite oder besser gesagt, die erste und wichtigste Funktion von Schule ist die Qualifikation. Lesen, schreiben, rechnen; das sind schon mal die wichtigsten Dinge, die man in der Schule lernen sollte. Und da hapert es, wenn man Vertretern der Wirtschaft Glauben schenken will, schon bei vielen Schulabgängern, selbst bei Abiturienten, die eine z.T. hanebüchene Rechtschreibung und Zeichensetzung aufweisen. Vor einigen Jahren, als sie noch nicht Bundeskanzlerin war, hat Angela Merkel einmal gefordert, die Hochschulen sollten noch einen Eingangstest für Studenten einführen, um deren Hochschulbefähigung zu überprüfen: Eine merkwürdige Vorstellung: Der Staat vergibt das Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife und stellt dieses sogleich wieder in Frage, indem er einen weiteren Test einführt. Immerhin zeigt dies, dass es bei der Qualifizierung, gerade in den Grundqualifikationen, noch viel zu tun gibt. Und dass Schule da besser werden muss, auch das EMA.

Die dritte Grundfunktion von Schule ist die Integration. Schüler sollen in das Werte- und Normensystem der Gesellschaft eingeführt werden, politische Spielregeln und demokratische Denkmuster kennen lernen und verinnerlichen, sie sollen Toleranz und Humanität ebenso entwickeln wie sportlichen Ehrgeiz und Fairness. Sie sollen sich frei und selbstständig in der Gesellschaft bewegen und orientieren und schließlich selbst für sich und dann eine nachwachsende Generation sorgen sowie Verantwortung für sich und andere übernehmen können usw. Und zur Integration einer modernen Gesellschaft gehört auch die Integration von Zuwanderern. Man mag vom EMA halten, was man will, in punkto Integration brauchen wir uns vor niemandem zu verstecken. Wenn man sich die Liste des ganzen Jahrgangs anschaut, wird schnell deutlich, was gemeint ist: Von den 56 zur Abiturprüfung zugelassenen Schülerinnen und Schülern haben 22 einen sog. Migrationshintergrund, mit Namen wie beispielsweise wie Sergej, Svetlana, Özlem, Arash, Kawshalya und Jagdip. 22 von 56, das sind immerhin 39%.

Einen solchen Anteil kann wohl kein anderes Gymnasium in Osnabrück aufweisen. Wenn wir auch in der Funktion der Qualifizierung unsere Ziele nicht ganz erreicht haben mögen, zur Integration und damit zum sozialen Frieden hat das EMA einen wesentlichen Beitrag geleistet. Und auf diese bunte Vielfalt können wir auch ein bisschen stolz sein. Und ihr dürft auch stolz sein. Ihr habt es ja immerhin geschafft, vielleicht deshalb, weil ihr doch gelegentlich aufgepasst, zugehört und euch beteiligt habt. Es ist kein Makel, ein guter Schüler bzw. eine gute Schülerin zu sein.

Mein Wunsch für euch zum Abitur: Bleibt nicht, wie ihr seid! Entwickelt euch weiter, bleibt oder werdet neugierig auf die Welt, auf Menschen, denen ihr begegnen werdet. Macht es so, wie eure beste Mitschülerin Martina, die jetzt für ein paar Monate nach Indien gehen will. Und behaltet das EMA in guter Erinnerung. Spätestens 2017, zur 150-Jahr-Feier sehen wir uns wieder.

Macht’s gut. Vielen Dank für Ihre und eure Aufmerksamkeit.

 

Für die Eltern: Annette Schriever

Sehr geehrter Herr Bruns, liebe Lehrerinnen und Lehrer, liebe Eltern, Verwandte, Freunde und Gäste und vor allem:
Liebe Abiturientinnen und Abiturienten!
Euch einen herzlichen Glückwunsch zum Abitur- wir sind sehr stolz auf euch! Ich habe heute die Ehre, als Vertreterin der Eltern zu Ihnen und Euch zu sprechen. Tja, da sagt man schnell“ mach ich“ wenn man gefragt wird, ob man die Rede für die Eltern halten kann, und dann geht’s los.
Was sag ich oder lieber nicht, suche ich mir eine Weisheit, an der sich meine Rede aufhängen kann? Was ist wichtig oder was nicht? Eins ist mal klar: Heute seid Ihr, liebe Abiturienten, das Wichtigste!
Und für uns Eltern schon viel länger! Überhaupt haben sich unsere Prioritäten gewaltig geändert, als Ihr in unser Leben getreten seid: Durchgeschlafene Nächte wurden zu Luxus, Kindergartenbastelnachmittage zu kulturellen Highlights, die Farbe und das Outfit der ersten Schultasche zu einer Entscheidung von weltpolitischer Größe, der Wechsel in die O-Stufe (incl. Suche nach der nächsten Schultasche) und dann ins Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium zu einer Herausforderung, nicht nur wegen der von den Lehrern erwarteten Schnellhefterfarben.
Vieles hat sich verändert, aber jede Nacht kann man immer noch nicht durchschlafen, weil gerne mal der Schlüssel vergessen wird oder nächtliche Fressattacken in der Küche unter Hinzuziehung von viel Geschirr stattfinden. Und das wird uns fehlen, wenn ihr nicht mehr da seid! Die Frage von Farbe und Design hat sich auf mehrere Ebenen verlagert (ganz aktuell: was ziehe ich zum Abiball an?), Schnellhefter dürfen immerhin, Gott sei dank, in der Oberstufe frei gewählt werden.
Das Wichtigste für Euch, liebe Abiturienten, war in den letzen Wochen sicher die Vorbereitung auf die Abiturprüfungen, die Noten, der Stress- mal mehr und mal weniger und sicher auch die Feiern danach. Liest man Eure Abizeitung, hört sich eure Schulzeit trotzdem recht kurzweilig an, manche Charakteristik liest sich da wie eine Neuauflage des Taugenichts!
Aber in eurer Abizeitung kann man auch nachlesen, wie viel Spaß ihr mit diesem facettenreichen Kollegium hattet.
Man stelle sich nur mal vor, alle Lehrer und Lehrerinnen wären gleich – jeder kann jetzt für sich seine persönliche Horrorshow abspulen oder, liebe Lehrerschaft, alle Schüler gleichgeschaltet. Wen würden sie präferieren? Den angepassten Musterschüler, bedienungsarm, berechenbar und hausaufgabenmachend (immer)oder den unbequemen, innovativen, selbstbewussten und zugegeben anstrengenderen?
Schön ist, dass unsere Kinder auf eine Schule gehen durften, die nicht in Schubladen denken will.
Herkunft? Religion? Sozialer Status?
Wer fragt hier danach, außer man interessiert sich aus pädagogischen Gründen dafür.
An dieser Schule wird gelernt und gelebt, das kann man immer dann hautnah erfahren, wenn das EMA feiert – ich darf an dieser Stelle an die Feier zur Namensgebung Sonnenhügel erinnern.
Hier hat jeder eine Chance, an dieser Schule kann man sich wohlfühlen, sicher nicht immer und individuell verschieden, denn schließlich ist es eine Schule. Hier arbeiten Menschen, die sich neben der Vermittlung von Bildungsplänen um Toleranz, Respekt und ein gutes Miteinander bemühen.
Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten incl. den „Engeln“ aus dem Sekretariat, im Namen der Eltern ganz herzlich bedanken.
Zurück zu euch, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, den Superstars des Tages, den Gewinnern des Finales am EMA.

Wir wünschen euch das Wichtigste im Leben:
– Menschen an Eurer Seite, die euch lieben, begleiten, halten und kritisieren
– einen Beruf, der auch ein bisschen Berufung ist
– den Mut, im richtigen Moment Ja oder Nein zu sagen
– die Fähigkeit, Schwierigkeiten zu meistern
– euer Leben zu genießen, ohne abzuheben
– eine fulminante Zeit nach dem Abitur incl. Abiball, Urlaub, „chillen“ ohne Ende usw. bis der Ernst des Lebens wieder losgeht, egal in welcher Ausbildung , ob in Schule, Uni oder sonstiger Berufung
und natürlich – Weltfrieden!!

Und ganz zum Schluss doch noch eine Weisheit — an Alle!

Es sind die kleinen Strolche, die die Welt verändern, nicht die Erbsenzähler!

Dankeschön.

 

Für den Abiturjahrgang: Laurentia Paradowski und Martina Scheer

Liebe Eltern, Freunde und Bekannte, liebe Lehrerinnen und Lehrer, liebe Ehemalige und nicht zu vergessen – Ehre, wem Ehre gebührt – liebe Abiturientinnen und Abiturienten herzlich Willkommen zur Abiturentlassungsfeier.

Heute ist ein Tag, an dem wir mit Freude und gleichzeitig auch mit Trauer einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Auf unserem oftmals harten Weg zum Abitur mussten wir auf der einen Seite viele Freunde verabschieden, auf der anderen Seite durften wir viele neue Freunde im Jahrgang begrüßen. Somit gab es Höhen und Tiefen nicht nur im Schulalltag, sondern auch in den Schulfreundschaften. Doch gerade in dieser turbulenten Zeit mussten wir nie auf Unterstützung verzichten. Wir hatten stets treue Begleiter an unserer Seite, die uns mit Geduld, Verständnis und viel gutem Willen bis zum heutigen Tag geführt haben.

Eine Selbstverständlichkeit?
Wahrscheinlich halten die meisten von uns das und alles, was das Leben am EMA zu bieten hat für selbstverständlich. Doch was zeichnet das EMA eigentlich aus? Was sehen wir als Selbstverständlichkeit an, obwohl es doch einzigartig ist?

Offenheit und Toleranz zeichnen das EMA aus.
Fast immer stand die Tür des Lehrerzimmers für uns Schüler offen und die Lehrer haben sich häufig Zeit für uns Schüler genommen.
Somit stand einem gutem Lehrer- Schüler- Verhältnis wohl nichts mehr im Wege?! Sie, liebe Lehrerinnen und Lehrer, haben sich stets unsere kleinen und großen Alltagsprobleme angehört.

Streitkultur zeichnet das EMA aus.
Ausnahmen bestätigen die Regel, doch auch in kritischen Fragen zeigten die Lehrer den Schülern gegenüber oftmals ihre Offenheit. Unser Oberbürgermeister Boris Pistorius sprach anlässlich der 140-Jahrfeier von einer Streitkultur am EMA, die er sehr schätze. Auch wir haben festgestellt, dass viele Lehrer ein offenes Ohr für Kritik haben und diese in vielen Fällen auch annehmen oder uns zumindest das Gefühl gegeben haben. Und wir haben gelernt, Kritik wird nicht als Angriff zu verstehen, sondern sie anzunehmen und sich mit ihr auseinanderzusetzen.

Das Miteinander der Schüler zeichnet das EMA aus.
Während unserer Zeit am EMA erweiterten viele verschiedene Kulturen und unterschiedliche Ansichten unseren Horizont. Oft gab es heiße Diskussionen und die Meinungen waren gespalten. Dennoch haben wir es geschafft, uns im Rahmen dieser Diskussionen anzunähern und auf einander einzulassen. Einzigartige Freundschaften sind entstanden und haben unser Leben geprägt.

An dieser Stelle wollen wir uns bedanken.
Bedanken dafür, dass wir diese Form der Unterstützung erhalten haben.

Liebe Ehemalige,
vielen Dank, dass Sie heute die Zeit gefunden haben, zu unserer Abiturentlassungsfeier zu kommen, um mit uns unser Abitur und Ihr Jubiläumsabitur zu feiern.

Liebe Frau Kowalinski, liebe Frau Mock, liebe Frau Riepenhoff,
danke, dass Sie die Geduld aufgebracht haben, jedes Entschuldigungsformular, jede heimliche Kopie und jede Schulbescheinigung auszuhändigen. Danke, dass Sie uns trotz allen Stresses immer ein Lächeln und ein nettes Wort geschenkt haben.

Liebe Lehrerinnen, liebe Lehrer,
vielen Dank für eine ganze Menge Entertainment während der Stunden. Vielen Dank, dass Sie uns die Einzigartigkeit der Schule näher gebracht haben (Vielen Dank dafür, dass Sie Offenheit und Toleranz, eine Streitkultur und das Miteinander am EMA gefördert haben).
Vielen Dank für ihr Engagement uns gegenüber und vielen Dank, dass Sie uns immer wieder motiviert haben.

Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,
auch an euch vielen Dank für die Unterhaltung während der Stunden und dafür, dass wir miteinander so manche Schwierigkeit meistern konnten. In jeder Lebenslage konnten wir uns auf euch verlassen: Wir haben miteinander gelitten, uns miteinander gefreut und miteinander gekämpft. Und, was viel wichtiger ist, wir haben einander ins Herz geschlossen. Vielen Dank für echte Freundschaft!

Liebe Eltern, liebe Freunde,
ihr habt uns den Weg zum Abitur ermöglicht. Ihr habt uns immer wieder die Kraft und den Mut gegeben, weiterzumachen und nicht aufzugeben. Ihr habt an uns sicherlich viele Nerven gelassen, aber dies für uns in Kauf genommen. Danke, dass wir uns immer auf euch verlassen und immer mit eurer Unterstützung rechnen konnten.

So, liebe Abiturienten, dann mal ab ins Leben und viel Glück auf eurem weiteren Weg!

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