Salim Abromand, Julien Anik, Mike Annau, Annika Arens, Niko Bartke, Anita Bekker, Moritz Berlekamp, Veronika Birk, Kristin Borgelt, Artur Born, Josefin Budke, Henning Büker, Nezaket Cirgir, Irina Dandörfer, Anna Danielyan, Tobias Danisch, Isabel Dargatz, Nils Denter, Jens Döring, Olga Dumler, Saliha Erdogan, André Exeler, Rafael Ferne, Julia Frankenberg, Vanessa Frühling, Fabienne Fuß, Lena Garthaus, Robin Glawion, Simon Glüsenkamp, Julius Grändorf, Lisa-Marie Greife, Valentin Grekow, Marie Groeger, Ilja Johannes Hartig, Violetta Hillung, Carina Hörnschemeyer, René Hörnschemeyer, Benedikt Hülsbusch, Elena Ignatenko, Rabea Jacobj, Ilona Janzik, Christopher Jaszczynski, Inna Just, Britta Kamann, Metin Karabacak, Georgia Katikaridis, Vanessa Kilias, Janina Kilimann, Kristina Kimmel, Erik Kirchkesner, Josephine Knappe, Kristian Knemeyer, Caroline Kossen, Julia Kowollik, Erik Kräft, Tessa Kresin, Lya Miriam Kröger, Artem Krukow, Mareike Kühnemund, Jan-Magnus Kurzhals, Jana Kutschmann, Jennifer Kuzucu, Rouven Laumeyer, Katarina Leis, Ann-Christin Leschinski, Melanie Löwen, Karen Masch, Annika Maßmann, Alexander Meyer, Karina Meyer, Artöm Michel, Nina Müller, Sara Müller, Natali Neb, Lucas Nicolaus, Niklas Niehenke, Gregor Niethammer, Sarah Nowitzki, Elin Osterbrink, Naomi Pentrel, Marvin Placke, Melina Katharina Placke, Linus Pley, Tim Plieninger, Vera Poerschke, Niklas Pörschke, Jan Quatmann, Shanon Rademacher, Julian Reinhardt, Marlene Robben, Alexander Roleder, Kimberly Roßberg, Kristin Ruthemeier, Anne Laura Saatkamp, Leah Schade, Julia Schalimov, Regina Scharton, Anastasia Schmidt, Jill Heather Schmidt, Niklas Schomaker, Marina Schonhoff, Jesse Shamsul, Saskia Sidortschuk, Simonas Simenas, Philipp Steinkamp, Daniel Steins, Artur Stiefelmann, Alexander Striethorst, Theresa Sube, Kathrin Törner, Lennart Völler, Roman Walter, Vanessa Weiser, Marike Werkes, Felix Wessel, Clemens Westphälinger, Christof Westphal, Laura Wilker, Tabea Wischmeier, Tim-Niklas Witte, Stefanie Wulf, Benjamin Zwigart
* Die Abiturientia dieses Jahrgangs hatte sowohl acht als auch neun Jahre Gymnasium hinter sich („G8“ und „G9“), denn die gymnaslsiale Schulzeit war auf acht Jahre verkürzt worden.
Feierliche Entlassung der Abiturienten im Forum der Schule, 23. Juni 2011
Motto: ABIDAS – Die Markenware verlässt das Geschäft.
Die Reden:
Begrüßung durch den Schulleiter, OStD Hartmut Bruns
Liebe Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Jubiläumsabiturienten, liebe Angehörige und Freunde unserer Abiturientinnen und Abiturienten und besonders, liebe Abiturientinnen und Abiturienten!
Ich begrüße Sie alle recht herzlich zur feierlichen Entlassung unserer Abiturientia 2011 in unserem Schulforum. Wie entlassen heute den sogenannten Doppeljahrgang, Schülerinnen und Schüler, die nach 8 oder nach 9 Jahren Gymnasium ihr Abitur am EMA abgelegt haben. Wir entlassen heute 122 Abiturientinnen und Abiturienten mit dem Abiturzeugnis, 6 weitere haben zumindest den schulischen Teil der Fachhochschule erworben. Interessant ist, dass die Durchschnittsnote des jüngeren Jahrgangs sogar geringfügig besser ist als die des älteren Jahrgangs, die besten Schüler kommen jedoch aus dem älteren Jahrgang. Die beste Abiturientin, Naomi Pentrel, erreichte die Traumpunktzahl von 1,0.
Zunächst aber zu Ihnen, liebe Jubiläumsabiturienten. Sie, die Sie vor 25, 40, 50 oder gar 60 Jahren am EMA – bis 1957 noch Staatliche Oberschule für Jungen – das Abitur abgelegt haben, begrüße ich besonders herzlich.
Sie sind zum Teil von weither angereist, um an diesem Tag, der jedes Jahr aufs Neue für die Abiturientinnen und Abiturienten Abschluss, Besinnung und Aufbruch gleichermaßen beschreibt, Verbundenheit mit Ihrer alten Schule zu dokumentieren, einer Schule, die sich insbesondere im letzten Jahrzehnt stark verändert hat.
Das EMA ist inzwischen Ganztagsgymnasium, Europaschule, sportfreundliche und humanitäre Schule. Seit April 2011 dürfen wir uns „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ nennen und seit wenigen Tagen hat der Kultusminister einen Verbund für die Förderung Hochbegabter zusammen mit den benachbarten Grundschulen genehmigt. Mit der differenzierten Begabtenförderung an unserer Schule haben wir schon 2010 begonnen.
Ist den Abiturientinnen und Abiturienten am heutigen Tage vor allem nach Aufbruch zumute, so dokumentieren Sie, liebe Ehemalige, dass einen die alte Penne ein Leben lang nie ganz loslässt. Das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium, hat Sie, ganz gleich ob Ihre Erinnerungen an die alte Schule eher positiv oder eher negativ sind, für Ihr Leben geprägt und ist somit ein Teil Ihrer Identität.
Ich bin sicher, dass Sie bei Ihren Treffen noch viele schulische Erinnerungen austauschen werden. Aber diese anekdotischen Erinnerungen sind nur das nach Außen Mitteilbare. Nicht so leicht mitteilbar ist das, was man mit einem einfachen Wort als „Bildung“ bezeichnet, die Entfaltung des Geistes, die Schulung des Verstandes und des kritischen Denkens. Der gebildete Mensch verfügt nicht nur einen Kanon des Wissens, er ist auch gleichzeitig bereit, zu neuen Ufern aufzubrechen. Den Schatz der umfassenden Bildung trägt jeder Einzelne von Ihnen in sich, durch Ihn sind Sie zu Persönlichkeiten gereift, und dass auch unsere heutigen Abiturientinnen und Abiturienten zu Persönlichkeiten heranwachsen mögen, das wünsche ich mir von ganzem Herzen.
Liebe Eltern, Sie werden sich freuen, dass Ihre Töchter und Söhne ihre Schulzeit erfolgreich beendet haben. Sie haben den Weg Ihrer Kinder fürsorglich und aufmerksam begleitet. Manchmal haben Sie mit Sorge, vielleicht sogar mit Ängsten auf die Entwicklung Ihrer Kinder geschaut.
Dabei haben Sie eine lange Wegstrecke mit den Lehrerinnen und Lehrer des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums zurückgelegt. Sie haben Ihre Kinder in mehr oder weniger enger Zusammenarbeit mit den Lehrkräften unsere Schule erzogen und zugleich haben Sie liebevoll das Fünf-Sterne-Hotel “Bei Mama“ betrieben, oft nebst hauseigener Taxizentrale. Sie haben Höhen und Tiefen erlebt und – ich bin sicher – viele von Ihnen haben diesem Tag schon lange entgegengefiebert.
Liebe Eltern, als Schulleiter Ihrer Kinder bedanke ich mich recht herzlich bei Ihnen: für die Liebe, Geduld und fürsorgliche Begleitung, die Sie Ihren Kindern auf dem Weg zum Abitur haben zu teil werden lassen und natürlich für die gute Zusammenarbeit mit mir und allen Lehrkräften unseres Gymnasiums.
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt in diesem Jahr mein ganz besonderer Dank. Denn bedingt durch das Abitur des Doppeljahrgangs war die Belastung für Sie noch nie so hoch wie in diesem Jahr. Sie haben alle Belastungen mit Bravour und ohne sich zu beklagen getragen. Dafür sage ich: danke – und ich glaube, ich darf das auch im Namen der hier anwesenden Eltern und Schülerinnen und Schüler tun.
Aber Sie haben nicht nur während der Abiturphase in den letzten Monaten, sondern über viele Jahre Ihre Energie, Ihr Wissen und Ihre pädagogische Kompetenz eingebracht, damit die Schülerinnen und Schüler, die wir heute verabschieden, ihr Abitur erreichen konnten. Unsere gemeinsame Verantwortung bestand darin, Bedingungen zu schaffen, unter denen Wertschätzung der Bildung, aber auch die Fähigkeit zu demokratischer Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen möglich wurde. Ich glaube, alles in allem haben wir das geschafft.
Namentlich möchte ich Herrn StD Jonas herausstellen, der unseren Abiturientinnen und Abiturienten als Jahrgangskoordinator während der gesamten Oberstufenzeit mit seinem Wissen und mit großer Empathie zur Seite gestanden hat. Manch guter Rat hat Sie, liebe Abiturienten, in Ihren Entscheidungen ein gutes Stück vorwärts gebracht.
Mein Dank gilt heute aber auch denjenigen, die oft im Hintergrund stehend, die Voraussetzungen für das Gelingen unserer Arbeit schaffen:
den Sekretärinnen Frau Kowalinski, Frau Mock und Frau Riepenhoff, den Hausmeistern Herrn Kerrinnes und Herrn Bäumler und unserem Schulassistenten Herrn Steins-Tiemann.
Und nun zu Ihnen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten. Wenn Sie heute die Zeugnisse der Allgemeinen Hochschulreife im Rahmen dieser Feierstunde überreicht bekommen, so ist das für Sie zu Recht ein Anlass zur Freude und des Stolzes über das Erreichte.
So unterschiedlich Ihre Gedanken und Gefühle sein werden, ich bin sicher, ein Grundgefühl ist allen gemeinsam. Mit einem Gefühl der Befreiung, aber auch der bestätigten Leistungen verlassen Sie heute das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium. Sie verlassen jetzt unser Gymnasium, um nun Ihre ganz persönliche Zukunft zu planen, und Sie werden erst in einigen Jahren merken, wie sehr Sie das EMA für Ihr Leben geprägt hat. Ob Sie es wollen oder nicht, Ihre Schule gehört ein Stück weit zu Ihrer Identität.
Johann Wolfgang von Goethe hat einmal gesagt: „Zwei Dinge sollten Kinder von ihren Eltern mitbekommen: Wurzeln und Flügel.“
Ich möchte diese Worte auch für die Lehrerinnen und Lehrer des EMA in Anspruch nehmen. „Zwei Dinge sollten wir Ihnen also mitgeben: Wurzeln und Flügel.“
Über Ihre Wurzeln werden Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, bisher wohl eher selten oder auch gar nicht nachgedacht haben. Sie sind verwurzelt in Ihrer Familie, bei Freunden, in Ihrer Clique, in Sportverein, in der Kirche, im Umfeld Ihrer Stadt oder Ihres Dorfes.
Verwurzelt sind Sie aber auch in den vielfältigen sozialen Erfahrungen und in der Erinnerung an die Lebenswelt der Schule, an Lehrinnen und Lehrer, an Ihre Mitschüler, an Klausuren und die Kursfahrten, an die guten Geister im Sekretariat, an erfolgreiche Klausuren und an Misserfolge, an Abifeten und Vieles mehr.
Weiterhin sind Sie verwurzelt in der gemeinsamen Erfahrung des Lernens, in Diskussionen, in Einzel- und Gruppenarbeit, in Mathematik und Naturwissenschaften, in Deutsch und den Fremdsprachen, in Musik, Kunst und Sport und in allen anderen Fächern, die versucht haben, Ihnen aus unterschiedlichen Perspektiven unsere Welt näher zu bringen.
Wenn Sie darüber nachdenken, so werden Sie feststellen, dass auch Sie vielfältige Wurzeln haben, dass Sie nach Ihrer Schulzeit ein Mosaik unterschiedlichster Erfahrungen ihr Eigen nennen, dass Sie schon in Ihren jungen Jahren nicht nur über ein räumliches Zuhause, sondern auch über eine geistige Heimat verfügen.
Was wollten Ihnen Ihre Lehrerinnen und Lehrer in erster Linie vermitteln?
Zum einen das Gefühl, dass Sie Wurzeln geschlagen haben in der Welt des Wissens, dass Sie dort ein Zuhause haben, aber auch die Erkenntnis, dass diese geistige Heimat nichts Fertiges sein kann, sondern etwas, dass Sie immer wieder neu erwerben müssen.
Bildung und der Bildungsauftrag der Schule sind nicht statisch, sondern müssen vielmehr dynamisch interpretiert werden und zu einer dynamischen Interpretation des Bildungsauftrags der Schule gehören einerseits verbindliche Inhalte, die Kernbestand unseres abendländischen kulturellen Erbes sind, andererseits aber auch die Vermittlung von Methoden, Fähigkeiten und Vorgehensweisen, um immer wieder neues Wissen erwerben und verarbeiten zu können.
Gymnasiale Bildung zielt auf die Vermittlung eines reflexiv-kritischen, werte bezogenen und ästhetischen Bewusstseins ab. Problembewusstsein, Werteorientierung und kritische Urteilskraft sind Kernbegriffe dieses Bildungskonzeptes, das weit über das so genannte Literacy-Konzept der OECD-Bildungsstudien hinausgeht. Es gibt aber noch etwas, was wir Ihnen als Wegzehrung für Ihren Lebensweg mitgeben wollen:
Wenn Sie über ein gesichertes Grundwissen und ein exemplarisch vertieftes Schwerpunktwissen verfügen, wenn Sie die grundlegenden Kompetenzen besitzen, sich neues Wissen anzueignen und damit produktiv umzugehen, dann wird es auch darauf ankommen, dass Sie auf der Grundlage Ihres Könnens mit Zuversicht, Vertrauen und Offenheit Ihre Zukunft in einer Welt, die zugleich Risiken wie Chancen für Sie bereit hält, aktiv gestalten und dabei ein hohes Maß an Verantwortung für Ihre Mitmenschen übernehmen.
Abschließend erlauben Sie mir noch einige Bemerkungen zu den eingangs erwähnten Flügeln, die Ihnen die Schule mitgeben sollte:
Ich habe etwas Interessantes über die Flügel der Hummel gelesen. Wissenschaftliche Untersuchungen zur Flügelfläche, zum Gewicht und zur Aerodynamik haben nämlich viele Jahre lang ergeben, dass es nach den Gesetzen der Physik eigentlich nicht gelingen kann, dass Hummeln fliegen.
Nur – die Hummel weiß nicht, dass es diese Gesetze gibt und fliegt einfach los – und … es klappt.
Solche Flügel wünsche ich Ihnen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, wenn Sie vor schwierigen, scheinbar unlösbaren Problemen stehen. Fliegen Sie einfach los.
Konrad Adenauer, der erste Kanzler der BRD, hat das, was ich Ihnen mit auf den Weg geben möchte, in seiner pragmatischen Direktheit in einen einfachen Satz gekleidet: „Das Wichtigste im Leben ist der Mut!“
Für Ihre persönliche Zukunft wünsche ich Ihnen von Herzen Gesundheit, aber natürlich auch Erfolg und persönliche Erfüllung im Studium und im Beruf.
Und nun wünsche ich uns allen eine schöne Feier.
Für die Abiturentia 2011: Marvin Placke
Sehr geehrter Jubiläumsabiturient Herr Bruns, sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer, sehr geehrte Ehemalige, sehr geehrte Eltern, Geschwister, Verwandte und Bekannte und selbstverständlich auch liebe Mitschülerinnen und Mitschüler!
„Ich kann mich wirklich nicht beklagen, bin selten ernsthaft angeeckt“ heißt es zu Beginn in dem Lied von Johannes Oerding, mit welchem wir, die Abiturienten 2011, Sie und Euch zu unserer Entlassungsfeier eingeladen haben. Ich habe mich gefragt, ob dieser Liedanfang auf die Schule und generell die Schulzeit zutreffend ist. Ob wir als Schüler uns wirklich nicht über die Hausaufgaben, die Klausurenwellen und die häufig unfair empfundene Notenvergabe und überhaupt über die Schule und alles drum herum beklagen können. Als ich eine Antwort auf meine Frage suchte, kam ich zu dem Entschluss, dass man sich nicht beklagen kann. In der Schulzeit haben wir alles gelernt, was wir für das spätere Leben, für den Großteil unserer Zukunft brauchen – und darüber sollen wir uns beklagen? Man erinnere sich neben dem Gelernten an die Klassenfahrten, besonders die Kennenlerntage. Wer war nicht schon in Mentrup-Hagen in der kleinen Jugendherberge? Einige von uns nahmen an der Englandfahrt teil, andere am Amerika-Austausch. Dann die sogenannte Abschlussfahrt in Klasse 10. An die Späße im Unterricht, Versprecher der Lehrer, unsinnige Aussagen von Schülern, die den Unterricht aufgelockert und einen Lacher eingebracht haben. Jeder von uns hier und auch Sie liebe Lehrer, kann sich bestimmt schnell an prägnante Situationen erinnern. Vergesst diese Momente nicht, sonst vergesst Ihr Eure Schulzeit. Diese Erlebnisse sind das, was jeden Schultag besonders gemacht hat und was jeder von uns mit der Schule verbindet. Niemand identifiziert sich mit der Schule über Kleist oder lineare Algebra. Schule war das, was wir daraus gemacht haben. Und die Tatsache, dass wir ohne Schule weder lesen, noch rechnen oder schreiben könnten.
Man sieht in unserer Schulzeit und vor allem in den letzten zwei Jahren ist viel passiert. Wir sind mit 132 Schülerinnen und Schülern an den Start gegangen, die alle ein Ziel hatten: das Abitur. Eine große Zahl, nämlich 130 von uns, hat es dann auch bis zu den Klausuren geschafft und die Anstrengung sollte sich lohnen. 121 Abiturienten sitzen hier nun vor mir und man mag es kaum glauben, aber auch ich habe bestanden und möchte mich hiermit bei Euch für Eure Unterstützung und für Euer Vertrauen bedanken, dass ich letztlich hier oben stehe und für den Jahrgang diese Rede halte. Gleich werden wir unser Abiturzeugnis in die Hand bekommen. Mit diesem Zeugnis öffnen sich viele neue Möglichkeiten, viele neue Ziele können gesteckt und erneut erreicht werden. Wie es auch weiter in unserem Einladungstext heißt. „Will nicht mehr hoffen, will nicht mehr warten. Ich suche mir ein neues Ziel.“ Nein, wir müssen nun nicht mehr hoffen oder warten. Wir müssen jetzt einen weiteren Schritt riskieren. Oder besser: wir WOLLEN jetzt einen weiteren Schritt riskieren. Vielleicht ist Ihnen und Euch bei meiner kleinen Zahlenrunde aufgefallen, dass es 8 Schülerinnen und Schüler gibt, die es leider nicht geschafft haben, die nötige Punktzahl zu bekommen. Im Namen des Jahrgangs wünsche ich Euch viel Erfolg auf dem weiteren Weg der Ausbildung, des Fachabiturs oder des erneuten Versuchs das Abitur zu erhalten. Aber es gehen nicht nur wir, sondern mit uns geht Herr Bücker, der nach seiner langen Schulzeit und vielen stressigen Schülern seine dienstliche Ruhezeit nun verdient antreten kann. Auf diesem weiteren Lebensabschnitt alles Gute. Ich möchte noch ein paar Worte zu dem Phänomen des „Doppeljahrgangs“ verlieren. Es wurde viel kritisiert und viel getadelt, ob es denn möglich sei, dass die jüngeren Schüler überhaupt mit den älteren mithalten könnten. Nun, aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass diese uns in nichts nachstanden, andernfalls hätte es auch nicht dieses erfreuliche Ergebnis von 122 bestandenen Abiturs gegeben. Herzlichen Glückwunsch dazu. Viele Situationen haben den Jahrgang geprägt. Das wohl beste Beispiel ist der Winterball, der uns insgesamt in positiver Erinnerung bleibt, welcher aber auch lehrreiche Schattenseiten mit sich zog, die es für den nächsten Jahrgang nun zu verhindern gilt. Während der Studienfahrten nach Riga, Barcelona, Irland oder Paris wurden neue Freundschaften geschlossen und Kontakte gefestigt. Diese Kontakte sind zum Teil nur Schulzeit bedingt, aber sicherlich wird die ein oder andere Freundschaft auch nach der Schulzeit noch in Takt bleiben – zumindest wünsche ich dieses allen. Ferner wurden die Lehrer dort zum ersten Mal aus einem ganz anderen Blickwinkel gesehen. Wir stellten letztendlich fest, dass SIE auch nur Menschen sind und nicht wie die meisten von uns denken in der Schule lebende Wesen.
Abschließend möchte ich mich stellvertretend für die Abiturientia 2011 bedanken. Bedanken bei allen Lehrern, die mit uns die Schulzeit durchlebt haben. Die manchmal mehr und manchmal weniger geduldig den Stoff übermittelt haben und trotz einiger Pannen immer an uns geglaubt und uns nie ernsthaft aufgegeben haben. Besonders danken möchten wir hier auch Herrn Jonas, der seine Arbeit wie gewohnt gut gemacht hat und sich aufopferungsvoll um die Organisation unserer Q-Phase gekümmert hat. Auch ein großen Dankeschön an das Sekretariat, Frau Kowalinski, Frau Mock, Frau Riepenhoff sowie den Hausmeistern Herrn Kerrinnes und Herrn Bäumler und unserem Schulassistenten Herrn Tiemann, die dem Jahrgang stets mit viel Rat aber auch sehr viel Tat zur Seite gestanden haben, auch bei der Planung dieser Entlassungsfeier. Ein besonderer Dank gebührt allen, die auch außerschulisch immer Unterstützung gezeigt haben. Eltern, Freunde, Bekannte, die einem immer unter die Arme griffen und dieses auch hoffentlich noch weiterhin machen werden. Ein letztes Dankeschön möchte ich in persönlicher Sache aussprechen. Ich möchte mich bei Leif Bongalski bedanken, der sowohl unseren Jahrgang als nicht unterrichtender Lehrer, aber vor allem mich immer und überall unterstützt hat. Dankeschön!
Recht herzlich möchte ich Sie und Euch noch einmal an unseren Abiball am morgigen Abend in Hasbergen erinnern und einladen und hoffe, dass viele von Ihnen erscheinen. Auch hoffe ich, dass Sie alle nach dieser Feier eine Weile bleiben und mit uns Abiturienten zusammen mit einem Glas Sekt anstoßen werden. Auch dazu sind Sie herzlich eingeladen.
Beenden möchte ich meine Rede mit den Worten, die von dem Schülerredner häufig am Anfang gesprochen werden: Herzlichen Dank und …… Liebe Abiturientinnen und Abiturienten… Es ist geschafft!
Für die Eltern: Prof. Ulrich Enneking
Sehr geehrte Damen und Herren und vor allem liebe Abiturientinnen und Abiturienten,
Herzlichen Glückwunsch: Sie haben es tatsächlich geschafft – jetzt sind Sie frei – frei in Ihren Entscheidungen, können Ihren Neigungen und Fähigkeiten nachgehen – die Welt steht Ihnen offen.
Moment mal! Denken jetzt vielleicht einige. Reicht die Note eigentlich für mein Traumstudium aus? Brauche ich für die Ausbildung bei der Banklehre nicht Beziehungen? Was ist mein Abitur heute überhaupt noch wert? In den ersten Jahrzehnten nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland machte es keinen Unterschied, mit welcher Note man das Abitur bestanden hat. Das Abitur als Allgemeine Hochschulreife – ein allgemeiner grenzenloser Bildungsfreifahrtschein.
Diese guten alten Zeiten passen eigentlich gut zu Euerem Jahrgangsmotto: „Abidas – die Markenware verlässt das Geschäft“ Früher wurde diese Ware in den humanistischen und naturwissenschaftlichen Produktionsabteilungen der Gymnasien geformt und das Produkt hat dann mit der Reifeprüfung auch die Qualitätssicherung erfolgreich überstanden. Ein Markenartikel verließ das Werk und traf auf eine grenzenlose Nachfrage.
Wie sieht es heute aus? Ich glaube, dass Euer Jahrgangsmotto auch heute passend gewählt ist. Ihr befindet Euch auf einem hervorragenden Weg: Ihr habt gerade Deutschlands höchst möglichen Schulabschluss geschafft und steuert in eine Arbeitsmarktsituation mit großem Fachkräftemangel hinein. Angesichts der Verschiebung der Alterspyramide braucht unsere Gesellschaft gut ausgebildete junge Menschen mit neuen Ideen. Alleine an den Osnabrücker Hochschulen gibt es über 100 verschiedene Studiengänge, bundesweit tausende. Wenn Ihr nach dem Abitur mit einer Berufsausbildung starten wollt, warten interessante Unternehmen auf Euch und auch nach längerer Berufstätigkeit könnt Ihr noch Bachelor- oder Masterabschlüsse machen. Für Auslandsaufenthalte gibt es zahlreiche Stipendienprogramme – fast alle Hochschulen haben feste Partnerunis im Ausland. Objektiv betrachtet, steht Ihr vor einer Situation unbeschreiblich vielfältiger Möglichkeiten.
Aber wollt Ihr überhaupt diese Vielfalt der Möglichkeiten? Oder machen uns die vielen technischen Innovationen, die sozialen Veränderungen, die Globalisierung eher Angst. Trendforscher haben herausgefunden, dass viele Verbraucher sich beim Lebensmitteleinkaufen wieder weniger Produkte wünschen und deshalb den Discounter oder den kleinen Supermarkt um die Ecke ansteuern. Einige fragen sich manchmal, warum es neben Lehramt, BWL, Medizin und Jura noch die vielen anderen tausend Studiengänge geben muss.
Vielleicht muss man sich an dieser Stelle wieder auf die ursprüngliche Idee von Wilhelm von Humboldt zurückbesinnen, der das Abitur als eine Reifeprüfung betrachtet, sich selbständig Wissen aneignen zu können. Aber Wissen ist heute anders als früher: Eine große Herausforderung besteht darin, nützliches von überflüssigem Wissen zu unterscheiden und vor allem muss jeder von uns immer wieder herausfinden, welches Wissen er für seinen Lebensweg braucht.
Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten, mit dem Abitur endet für Euch nun ein wichtiger Abschnitt – und ich verspreche Euch: Es wird jetzt erst richtig spannend – wenn Ihr wollt. Franz Kafka hat gesagt: „Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“ Ich wünsche Euch, dass Ihr Euren Weg und Euer Ziel findet und glaube, dass dafür drei Dinge wichtig sind: Kreativität, Zielstrebigkeit und Zufriedenheit. Dazu würde ich gerne noch ein paar Gedanken loswerden:
Kreativität: Als kleines Kind erleben wir viele starre Verhaltensregeln, die wir auf dem Weg in ein eigenständiges Erwachsenenleben immer mehr in Frage stellen und lockern wollen. Dabei stoßen wir häufig auf Widerstand: „Das haben wir noch nie so gemacht!“ – „Das kann doch nicht funktionieren!“ – „Das passt nicht zu uns!“ Eine große Zukunftsaufgabe wird darin bestehen, die Kreativität der Menschen zu aktivieren. Das Unternehmen IBM hat im Jahr 2010 in einer großen weltweiten Umfrage bei 1500 TOP-Managern festgestellt, dass Kreativität die wichtigste Führungseigenschaft der Zukunft ist. Wer nicht kreativ und innovativ ist, gerät unter Preisdruck und somit unter Kostendruck. Aber Kreativität ist nicht nur für den beruflichen Erfolg wichtig. Kreativität bringt Freiheit: Die Freiheit, in einer festgefahrenen, aussichtlosen Situationen, einen besseren Weg, vielleicht eine Abkürzung zu finden, die man vorher gar nicht gesehen hat. Wenn ich gelernt habe, neue, kreative Lösungen zu finden, bringe ich eher den Mut auf, meinen Job zu kündigen und endlich das zu machen, was mir Spaß macht. Während uns gleich gesinnte Menschen oft Trost in schweren Situationen spenden, bringen uns die anders Denkenden, Qverdenkenden und kreativen Menschen auf neue und interessante Wege.
Zielstrebigkeit: Der Journalist Tom Buhrow hat bereits bei seinem Abitur das Ziel ausgegeben, einmal Tagesthemensprecher werden zu wollen. Dirk Novitzki hat sein Leben lang hart am finalen Ziel des NBA-Titels gearbeitet. Es ist immer wieder erstaunlich, zu welchen Leistungen Menschen imstande sind, die klare Ziele verfolgen. Aber ein Gedanke ist mir aber in diesem Zusammenhang wichtig: Zielstrebig kann nur sein, wer für sich das richtige Ziel definiert hat. Hört, was Eure Eltern, Lehrer, Trainer, Pfarrer, Professoren sagen – aber entscheidet Euch für Euren eigenen Weg.
Zufriedenheit: In einem Psychologielexikon heißt es: Was letztlich als beruflicher Erfolg anzusehen ist, kann vielfältig sein: Leistung, Sinnerleben, gesellschaftlicher Status, Zufriedenheit, psychische und physische Gesundheit, das subjektive Gefühl des Gefordertseins, die Überzeugung, etwas zu tun, was den eigenen Fähigkeiten entspricht: Was fällt an dieser Definition auf: Nicht das Einkommen oder ein anderer objektiver Maßstab steht hier im Zentrum der Definition, sondern die eigene Wahrnehmung von Erfolg. Wenn Sie mit ihrer Abiturleistung zufrieden sind, sind sie erfolgreich.
Abschließend möchte ich mich bei allen Bedanken, die unsere Kinder auf ihrem bisherigen Weg begleitet und unterstützt haben. Einen ganz besonderen Dank möchte ich an das EMA-Gymnasium richten, das in enger Kooperation mit uns Eltern den Grundstock für den zukünftigen Weg unserer Kinder gelegt hat.
Im Namen aller Eltern wünsche ich Euch – liebe Abiturientinnen und Abiturienten beim Qverdenken, bei der Zielfindung und beim Genießen aus vollem Herzen alles Gute.
Für die Ehemaligen: Prof. Dr. Gerd Mitschke (Goldener Abiturient des Abijahrgangs 1961)
Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, für Sie ist die Schulzeit nun eine Erinnerung, die allerdings mit den Jahren immer schöner wird, liebe Eltern, die Sie sich jetzt über das Abitur ihrer Kinder freuen – und ihnen noch einige Zeit unter die Arme greifen müssen, liebes Kollegium, das wieder einmal einen, nein zwei Jahrgänge zum Abitur gebracht hat und den Stress jetzt ein wenig ablegen kann, sehr geehrter Herr Bruns, der Sie als Direktor sich sicher oft gefragt haben „Wie krieg ich das jetzt wieder hin?“, liebe Konabiturienten von 1961, die Ihr jetzt den (verdienten?) Ruhestand genießt, liebe Gäste, verehrte Anwesende,
auf der Abiturfeier des Jahres 1961 sprachen zwei Ehemalige zu uns. Einer hatte das Abitur vor 50, der andere vor 25 Jahren gemacht. Ich muss gestehen, dass ich ihre Reden vergessen habe, wahrscheinlich habe ich auch gar nicht zugehört, weil ich an andere Dinge dachte. Viel später ist mir dann klar geworden, was es hieß, das Abitur 1911 oder 1936 gemacht zu haben. Diese Jahrgänge waren Kanonenfutter für die fürchterlichen Kriege der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und haben einen hohen Blutzoll gezahlt. Besonders der Abijahrgang 1911 hatte, verzeihen Sie den Ausdruck, die Arschkarte des Jahrhunderts gezogen: Sie erlebten zwei Weltkriege, die Revolution von 1918, die Inflation von 1924, die Weltwirtschaftskrise Anfang der dreißiger Jahre, die Nazidiktatur, den Untergang des Deutschen Reiches und die schlimmen Jahre nach Weltkrieg 2, wenn sie dann noch lebten. Die Überlebenden haben einfach immer wieder von vorn angefangen. Auch an unserer Schule gab es Lehrer, die im 2. Weltkrieg schwere Verletzungen davongetragen hatten. Ich erinnere nur an die Herren Renker, Hölscher und Heckmann, unseren letzen Mathelehrer. Und Herr Busse (James Busse) war in Schlesien Schulleiter gewesen und musste nun ins Glied zurücktreten. Uns Abiturienten von 1961 ist es dagegen sehr gut ergangen, wir haben zwar als Kinder noch die Hungerjahre nach dem Krieg erlebt, aber dann ging es aufwärts. Es kamen die Wirtschaftswunderjahre und bis 1966 hielt der Aufschwung an. Dann kam die erste Krise, aber das war nur eine Minikrise. Wir haben studiert oder eine Berufsausbildung gemacht, unseren Beruf ausgeübt und hatten nie die Idee arbeitslos werden zu können, auch wenn der Berufsweg nicht immer gerade verlief (ich habe in meinem Leben drei Berufe ausgeübt, wovon keiner der war, den ich direkt nach dem Abitur angestrebt habe). Jetzt sind wir im Ruhestand und sind froh, den ganzen modernen Kram, der sich in unserem Arbeitsfeld breit macht, nicht mehr mitmachen zu müssen. Früher war schließlich alles besser! Das, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, werden Sie spätestens in 50 Jahren auch wissen.
Unsere Schulzeit fiel zum entscheidenden Teil in die fünfziger Jahre. Lassen Sie mich ein wenig die Unterschiede zwischen Damals und Heute reflektieren. Meine Auswahl der Themen ist dabei ziemlich subjektiv und vielleicht nicht immer ganz ernst. Ganz bewusst will ich die technischen Fortschritte und ihre Wirkungen auf den Alltag weglassen, das würde den Rahmen sprengen.
Das EMA war ein reines Jungengymnasium. Davon gab es in Osnabrück drei, das Carolinum für die Katholiken, das Ratsgymnasium für die gut bürgerlichen Protestanten und das EMA für den Rest. Immerhin hatte die Abwesenheit von Mädchen ja ihre Vorteile, wir waren nicht abgelenkt und hatten keine Konkurrenz. Sie sehen: Früher war alles besser.
Das Schulgebäude an der Lotter Straße strömte ein wenig den Charme der Schule aus der Feuerzangenbowle aus. Das Kollegium bestand nur aus Herren und zu jedem der kauzigen Typen aus der Feuerzangenbowle gab es bei uns sicher ein Pendant, wenn auch nicht so extrem, wie in dem Film gezeichnet. Und Namen möchte ich auch nicht nennen. Die meisten haben wir geliebt oder wenigstens respektiert, wenn es auch ab und zu Zusammenstöße gab. Nach dem Direktor gab es genau einen Oberstudienrat, den Stellvertreter des Direktors (lange Dr. Siebert), der Rest blieb Studienrat bis zur Pensionierung. Sie sehen, liebes Kollegium: Früher war alles besser.
Es gab kein Kurssystem. Wir waren die letzten, die nach der 8. Klasse auf den Neusprachlichen und den Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Zweig aufgeteilt wurden. Später gab es das erst in der Oberstufe. Damit war unser Curriculum determiniert und wir hatten keine Wahlfreiheiten. Wer sich falsch entschieden hatte, hatte eben Pech. Auf diese Weise hatten wir (13sa und 13sb) in den beiden letzten Jahren keine Physik und Chemie und in Klasse 13 fielen auch Mathematik und Biologie weg. Was fiel eigentlich in der 13m aus? Ich hatte nach dem Abitur dann Entzugserscheinungen und habe Mathematik und Physik studiert, und eigentlich wollte ich ja Studienrat am EMA werden. Da ist mir dann was dazwischen gekommen. Immerhin konnte ich englische und französische Fachtexte ohne Wörterbuch lesen und später auf Mathematikertagungen ohne Probleme kommunizieren und auf Englisch publizieren. Ach ja, die Durchschnittsnote im Abitur war uns Schnurz, der Numerus Clausus war noch nicht erfunden, es machten ja nur etwa 15% eines Jahrgangs das Abitur. Sie sehen: Früher war alles besser.
In den fünfziger Jahren hatte man noch nichts von Fußgängerzonen gehört und durch die Große Straße drängten sich Autos (nicht so viele wie es heute wären) und Straßenbahnen (bis 1955) und die Fußgänger waren auf die Gehsteige beschränkt. Und es stank, denn die Autos damals verbrannten richtig viel Sprit. Es gab noch viele Baulücken, aber immerhin wurde 1954 das Kaufhaus Merkur eröffnet (heute Kaufhof). Da gab es Rolltreppen, auf denen wir Kinder (ich war 13) mit Vergnügen auf und ab fuhren. Überhaupt waren wir als Kinder nicht so streng beaufsichtigt, wie es Heute oft der Fall ist. Unsere Eltern wussten oft nicht, wo wir waren. Und Handys gab es auch nicht. Sie sehen: Früher war alles besser.
Karneval wurde in Osnabrück nur hinter geschlossenen Türen gefeiert und der Jahrmarkt war ein Innenstadtereignis, ursprünglich auf dem Domhof und dem Platz hinter der Klosterkaserne (Dominkanerkirche). Das wurde irgendwann dem Bischof zu laut und es wurde vom Domhof auf den schwarzen Platz (Niedersachsenbad) ausgewichen. Da gab es die Raupe, wo immer die neueste Musik (früher Rock’n Roll, Bill Haley, Chuck Berry, Little Richard, Jerry Lee Lewis und natürlich Elvis Presley) gespielt wurde. Und es gab die ersten Halbstarkenkrawalle. Und Wein tranken die Osnabrücker nur zu besonderen Anlässen, etwa Abiball. Da war dann die Frage: „Was trinken wir denn, Rhein oder Mosel?“ Sie sehen: Früher war alles besser.
Insgesamt war die Zeit etwas muffig. Osnabrück war noch gekennzeichnet von Differenzen zwischen den Konfessionen. Die Aufarbeitung der NS-Zeit hatte praktisch nicht stattgefunden und ein demokratisches Bewusstsein war noch unterentwickelt. Und die Bundeskanzler hießen Adenauer, Adenauer, Adenauer. Die Paragraphen 218 und 175 entfalteten noch ihre unsäglichen Konsequenzen und wer unverheirateten Paaren Gelegenheit zum Zusammensein gab, machte sich der Kuppelei schuldig. Von den Freiheiten, die junge Leute Heute genießen, haben wir nicht einmal geträumt. Das änderte sich dann erst im Lauf der siebziger Jahre unter dem Einfluss der Studentenrevolution von 1968, die ich damals als Assistent an der Uni Bonn hautnah miterlebt habe. Aber das ist eine andere Rede.
Übrigens war 1961 ein Jahr mit vielen bedeutenden Ereignissen, hier nur eine kleine, willkürliche Auswahl: John F. Kennedy wird der 35. Präsident der USA; die Berliner Mauer wird gebaut, die Sie nicht mehr erlebt haben und von der wir glaubten, ihren Fall nicht mehr erleben zu können; Elisabeth Schwarzhaupt wird als erste Frau Ministerin in der Bundesrepublik; Juri Gagarin ist der erste Mensch im Weltall; Amnesty International wird gegründet; Rudolf Mößbauer bekommt den Nobelpreis für Physik, zusammen mit Robert Hofstadter; französische Generäle putschen gegen de Gaulle in Algerien; Schering bringt die Antibabypille auf den Markt und der Autobauer Borgward geht in Konkurs. Lassen Sie mich nur eine einzige politische Aussage machen: Wenn man Ihnen jetzt erzählt, dass Ihre Rente im Jahr 2050 oder später nicht mehr bezahlbar ist, so fragen Sie den, der das erzählt, wieso er Weissagungen machen kann. Stellen Sie sich vor, im Jahre 1911 hätte jemand versucht Voraussagen für das Jahr 1950 (oder 1961 für 2000) zu machen! Ich erinnere nur an den amerikanischen „Zukunftsforscher“ Herman Kahn, der 1967 ein dickes Buch mit Vorhersagen für die nächsten Jahrzehnte schrieb. Eine einzige seiner Vorhersagen ist eingetroffen: Der Tourismus ist enorm gewachsen. Bleiben Sie also kritisch!
Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, Sie dürfen diese Rede jetzt getrost vergessen. Ich wünsche Ihnen für Ihr zukünftiges Leben viel Erfolg. Ach ja, noch ein letztes Wort: Ergreifen Sie einen Beruf, von dem Sie überzeugt sind, dass er Ihnen Spaß machen wird und bewahren Sie die Freiheiten, die Sie jetzt haben. Dann können Sie in fünfzig Jahren hier wieder zusammen kommen und der guten alten Zeiten gedenken und sich sagen: Früher war – vieles anders. Ich möchte schließen mit einem Zitat eines berühmten Mathematikers, Charles Lutwidge Dodgson, der von 1832 bis 1898 lebte und den Sie eher als Lewis Carroll kennen: „Fang am Anfang an und fahr fort, bis du zum Ende kommst: dann mach Schluss!“ Genau da sind wir jetzt angekommen: am Ende. Darum mache ich jetzt Schluss. Vielen Dank, dass ich hier sprechen durfte und vielen Dank fürs Zuhören.
Für die Schule: Nils Fischer
Liebe Ehemalige, liebe Eltern, Freunde, Verwandte, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten.
Im Jahr 1967 ereignete sich folgender Dialog zwischen einem nahezu 40jährigen Gelegenheitsschauspieler und dem italienischen Regisseur Guiseppe Colizzi, der gerade einen amerikanischen Western plante.
Sprichst du Englisch? Nein. Hattest du schon einmal einen Bart? Nein, ich rasiere mich jeden morgen. Kannst du reiten? Nein, die einzigen Pferde, die ich je gesehen habe, waren die auf der Pferderennbahn. Was willst du verdienen?
Zugegeben, nicht jede große Karriere startet derart ungünstig, zumal Carlo Pedersoli alias Bud Spencer eigentlich nur im Büro des Regisseurs sitzt, weil er mal wieder Geld braucht. Die Schauspielerei langweilt ihn eher.
Bud Spencer, geboren 1929 in wohlhabender Familie, hatte vor seiner Schauspielerlaufbahn eher andere Herausforderungen gemeistert. Mit 15 erfolgreicher Abiturient, mit 16 bereits Student an der Chemie-Fakultät in Rom, verschlägt es die Familie nach dem zweiten Weltkrieg nach Südamerika. Dort arbeitet er zunächst im Konsulat, dann als Vertreter für einige Konzerne. Zurück in Rom Anfang der 50er Jahre geht er wieder seinem Hobby dem Wettkampfschwimmen nach, bricht zahlreiche Rekorde und nimmt zweimal an den Olympischen Spielen teil. Dabei isst er deutlich zuviel (was man ihm später auch ansehen soll) und trainiert zu wenig, zum Missfallen einiger anderer Sportler erscheint er regelmäßig mit brennender Zigarette zum Wettkampf. Dennoch gewinnt er über Jahre große Wettkämpfe und schafft es bis zum 9.Platz der Weltrangliste. Im späteren Verlauf seines Lebens soll er noch Jurist, Musiker, Pilot und Erfinder werden. Zum Zeitpunkt des Gesprächs mit Guiseppe Colizzi hält er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.
Liebe Abiturientia, wer Bud Spencer aus seinen Filmen kennt der weiß, dass er niemals einer Herausforderung aus dem Weg gegangen ist, auch wenn er mehr als einmal mit dem Rücken zur Wand stand. Wer sein Leben kennt, der weiß, dass er es hier nicht anders gehandhabt hat. Eines seiner bekannten Zitate lautet dabei: Bei Herausforderungen geht es nicht ums Gewinnen, es geht darum herauszufinden, was für ein Mensch man ist. Alles weitere ergibt sich.
Das Abitur war sicher eine eurer größten Herausforderungen der letzten Jahre, für manche vielleicht die größte Herausforderung überhaupt. Auch ihr seid dieser Herausforderung nicht aus dem Weg gegangen. Wir, die Lehrerinnen und Lehrer des Ernst-Moritz-Arndt Gymnasiums haben euch im Verlauf dieser Herausforderung gestützt, wenn es möglich war, oder euch auch Steine in den Weg gelegt, wenn es nötig war und ihr euch der Herausforderung entziehen wolltet. Nicht immer war die Suche nach euer Persönlichkeit einfach, manchmal ballte man die Fäuste und rief leise ein Halleluja, wenn ihr wie außer Rand und Band, als Troublemaker oder Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle gerade einmal nicht zu ertragen wart. An anderen Tagen hielt man euch für echte Supertypen und wuchs selbst an der Herausforderung mit euch gemeinsam zu arbeiten.
Manche von euch hatten gute Voraussetzungen das Abitur zu bestehen, andere sind gestartet, obwohl sie wenige Qualifikationen vorweisen konnten, ebenso wie Bud Spencer vor seiner ersten großen Rolle. Er vertuschte sein Englisch-Problem im Übrigen einfach dadurch, dass er jeweils die ersten und letzten Worte seiner Texte auswendig gelernt aussprach und den Rest nur dahin murmelte. Einigen wird diese Taktik vielleicht bekannt vorkommen. Nicht jedem Schüler und nicht jeder Schülerin traute man immer die volle Leistung zu. Dazu habt ihr beigetragen, wenn ihr versucht habt, euch mit Gelegenheitsleistung über Wasser zu halten oder die brennende Zigarette und das Bier am nächsten Wochenende euch gedanklich mehr beschäftigten als Stochastik oder das Ökosystem See.
Am Ende ist es fast allen Anwesenden dennoch geglückt das Abitur zu erlangen. Darauf könnt ihr stolz sein. Auf eurem Weg seid ihr nebenbei zu Persönlichkeiten geworden, deren Horizont nicht vergleichbar mit jenem ist, den jeder von euch vor Jahren mit in dieses Gebäude gebracht hat. Manche von euch sprechen bereits zwei oder mehr Sprachen, haben lange Bärte oder keinen, können reiten oder eben nicht, sind talentierte Schwimmer oder Musiker. In der Zwischenzeit seid ihr dabei vielleicht in Chemie gescheitert, als Schauspieler abgewiesen worden oder habt Rechtsstreitigkeiten verloren. Die Herausforderungen der Schulzeit haben euch alle verändert. Nicht immer habt ihr alle gewonnen, oft habt ihr eben vielmehr herausgefunden, was für Menschen ihr seid.
Liebe EMAner, ich kann euch alle beglückwünschen. Nach einem Jahrzehnt des persönlichen Wachstums wird ein weiteres Jahrzehnt folgen, welches durch weitaus größere Herausforderungen geprägt ist. Das Abitur wird dabei langsam in den Hintergrund gedrängt. Talente von heute werden verblassen und durch neue Fähigkeiten ergänzt. Dabei lehrt uns das Lebenswerk von Bud Spencer, dass man jede neue Herausforderung mit offenen Armen und einer großen Portion Selbstbewusstsein empfangen muss. Je größer die neue Aufgabe, desto besser, denn wachsen wird man an ihr auf jeden Fall. Ich wünsche euch stellvertretend für das gesamte Kollegium die Willenskraft, die Beharrlichkeit, das Glück und vielleicht auch manchmal die notwendige Schlagkraft von Bud Spencer, die weiteren Herausforderungen eures Lebens zu meistern.
Und wer auf dem Weg zur persönlichen Meisterschaft einmal ins Stocken gerät, sollte sich einmal mehr an die Einstellung von Bud Spencer erinnern. Auf die Frage im Büro des Regisseurs Guiseppe Colizzi, was er verdienen wolle? Antwortete er:
Unsere Webseite verwendet Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung