Der Abiturjahrgang 2018

Georg Abendlich, Alena Aderhold, Timothy Arigbodi, Dominik Arnhold, Celine Awoyale, Giuliana Basilotta, Felix Beißner, Sarah Benavides, Moritz Bergmann, Nicolas Bergmann, Timo Bettenbrock, Hannah Bibiana Borsutzky, Dominik Bunkowski, Neslihan Buran, Hong Thanh Xuan Dang, Nina Danlowski, Michael Demund, Jana Enshin, Eyüp Ercan, Abdurrahman Said Erdogan, Magnus Erpenbeck, Natalie Fink, Lisa Fischer, Loris Franzus, Kristina Friesen, Vincent Gärtner, Luis Gering, Dominika Grajda, Anne Gurtner, Lena Haarmann, Gina Hagen, Melissa Hamm, Louis-Ben Helming, Insa Henke, Angelique Anastasia Herbold, Patricia Husemann, Anna-May James, Dilara Karayigit, Nicolas Koopmann, Alexander Korneev, Debora Jasmin Kottmeier, Henning Krall, Jana Kruse, Johanna Kubillus, Julie-Rebecca Kurth, Tom Lage, Thanh Hang Le, Janice Lehner, Jonas Lehnig, Johanna Lingor, Jacqueline List, Sarah Lugan, Hannah Lüngen, Fredric Lüssenheide, Michelle Marquart, Anna Meyer zu Farwig, Lotte Möhlenkamp, Roman Naidenko, Paul Nelles, Niklas Plener, Juri Pradel, Florian Riecken, Allan Roloff, Anna Maria Röwer, Maide Safa, Fabian Saremba, Ira Schenk, Erwin Seltmann, Julia Simon, Yannick Simon, Jule Berit Smola, Meharem Taskan, Nils Thiede, Sarah Thöle, Marisa Venske, Edgar Vitmann, Jannis Vornholt, Yannick Walessa, Jessika Wedler, Olesja Weimer, Meret Hannah Wichmann, Henrik Winkelmann, Maximilian Wladyka, Marius Zelle

Die Reden:

Begrüßung: Schulleiter Hartmut Bruns
Für die Ehemaligen: Arnold Ibing (Abitur 1968)
Für die Eltern: Beate Saremba
Für die Schule: Holger Kossenjans
Für den Abiturjahrgang: Ira Schenk und Georg Abendlich
Für den Förderverein: Petra Knabenschuh

 

 

Begrüßung: Schulleiter Hartmut Bruns

Liebe Jubiläumsabiturienten,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
liebe Eltern ,
liebe Angehörige und Freunde unserer Abiturientinnen und Abiturienten
und besonders,
liebe Abiturientia 2018!

Foto: EMA

Schön, dass ein so großes Auditorium zu diesem festlichen Anlass zusammen gekommen ist.
Als Schulleiter des EMA begrüße ich Sie alle recht herzlich zur Entlassungsfeier unserer Abiturientinnen und Abiturienten in unserem Schulforum.
Heute dürfen wir uns freuen, dass 84 Schülerinnen und Schüler unseres Gymnasiums das diesjährige Abitur bestanden haben, 10 weitere junge Menschen verlassen unsere Schule mit dem schulischen Teil der Fachhochschulreife. Die beste Abiturientin hat einen Schnitt von hochgerechnet 0,8, der beste Schüler, der nach der 10. Klasse mit einem erweiterten Sekundar-I-Abschluss von einer Realschule zu uns gekommen ist, hat immerhin einen Notenschnitt von 1,5.

Liebe Jubiläumsabiturienten, Sie, die Sie vor 25, 40,50 oder gar 60 Jahren am EMA das Abitur abgelegt haben, begrüße ich besonders herzlich.
Sie sind zum Teil von weit her angereist, um an diesem Tag, der jedes Jahr aufs Neue für die Abiturientinnen und Abiturienten Abschluss, Besinnung und Aufbruch gleichermaßen beschreibt, Verbundenheit mit Ihrer alten Schule zu dokumentieren, einer Schule, die sich in den zurückliegenden Jahren stark verändert hat, einer Schule, die sich 2015 und 2017 um den Deutschen Schulpreis beworben hat und jeweils als eine der besten 15 Schulen Deutschlands nominiert wurde.
Ist den Abiturientinnen und Abiturienten am heutigen Tage vor allem nach Aufbruch zumute, so dokumentieren Sie, liebe Ehemalige, dass einen die alte Schule ein Leben lang nie ganz loslässt. Das EMA, inzwischen Europaschule und Ganztagsgymnasium, sportfreundliche Schule, Schule mit differenzierter Begabtenförderung, Schule ohne Rassismus, Umweltschule in Europa u.v.m. hat Sie, ganz gleich ob Ihre Erinnerungen an die alte Penne eher positiv oder eher negativ sind, für Ihr Leben geprägt und ist somit ein Teil Ihrer Identität.
Ich bin sicher, dass Sie bei Ihren Treffen gestern, heute und morgen noch viele schulische Erinnerungen austauschen werden bzw. schon ausgetauscht haben, aber diese Erinnerungen sind nur das nach Außen Mitteilbare. Nur schwer mitteilbar ist das, was man mit dem einfachen Wort „Bildung“ bezeichnet – die Entfaltung des Geistes, die Schulung des Verstandes und die Fähigkeit des kritischen Denkens.
Liebe Jubiläumsabiturienten, ich bin davon überzeugt, dass jeder Einzelne von Ihnen diesen Schatz in sich trägt, durch ihn sind Sie zu Persönlichkeiten gereift, und dass auch unsere heutigen Abiturientinnen und Abiturienten zu Persönlichkeiten heranwachsen mögen, das wünschen wir uns sicherlich alle von ganzem Herzen.

Liebe Eltern,
mit Ihnen hat uns Lehrerinnen und Lehrer des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums ein langer Weg verbunden.
Wie erleben Sie diesen Tag?
Sicherlich bewegt Sie Erleichterung, dass das Ziel Abitur von Ihrem Sprössling erreicht wurde. Sie sind stolz auf den Erfolg ihres Kindes. Sie freuen sich mit Ihrer Tochter oder ihrem Sohn. Vielleicht blicken Sie in dieser Stunde aber auch zurück, und Verwunderung oder gar Wehmut bewegen Sie.
Allzu schnell sind Ihnen Ihre Kinder entwachsen und haben sich Ihrer Fürsorge und dem Hotel Mama schon mehr und mehr entzogen. Ihre Kinder brechen auf in eine Zukunft, die Sie höchstens noch beratend begleiten, kaum aber mehr selbst gestalten können.
Liebe Eltern, ich möchte Ihnen heute von Herzen für die Liebe, Geduld und fürsorgliche Begleitung danken, die Sie Ihren Kindern auf dem Weg zum Abitur haben zuteil werden lassen.

Auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt auch in diesem Jahr wieder mein Dank.
Sie haben nicht nur während der in diesem Jahr wieder recht kurzen und somit für Sie sehr arbeitsintensiven Abiturphase in den letzten Monaten, sondern über viele Jahre Ihr Wissen, Ihre pädagogische Kompetenz und Ihr Engagement eingesetzt, damit die Schülerinnen und Schüler, die wir heute verabschieden, ihr Abitur erreichen konnten.
Und das alles trotz zahlreicher Reformen: 7 Jahre Gymnasium+ O-Stufe, 9 Jahre Gymnasium, dann nur noch 8 Jahre bis zum Abitur und demnächst wieder 9 Jahre Gymnasialzeit.
Einige unserer Abiturienten haben vorausschauend freiwillig um ein Jahr verlängert.
Alle Reformen der Gymnasialen Oberstufe auch nur ansatzweise aufzulisten würde den heutigen Abend füllen. Nun streben wir der Digitalisierung entgegen und uns wird die Hoffnung suggeriert, dass in Schule alles besser wird.
Aber glauben Sie mir: nicht in erster Linie auf die organisatorischen Bedingungen, sondern primär auf den Lehrer, die Lehrerin als Menschen wird es auch in Zukunft in der Schule ankommen.

Meinen besonderen Dank möchte ich heute der Abitur- und Jahrgangskoordinatorin StD‘ Annette Averdiek-Bolwin aussprechen. Sie hat nicht nur unseren diesjährigen Abiturientinnen und Abiturienten als Jahrgangskoordinatorin während der gesamten Oberstufenzeit mit ihrem Wissen, sondern auch mit großer Empathie zur Seite gestanden.
Mein Dank gilt heute aber auch denjenigen, die oft im Hintergrund stehend die Voraussetzungen für das Gelingen unserer Arbeit schaffen:
den Sekretärinnen Frau Mock, Frau Pöttker und Frau Schomaker, den Hausmeistern Herrn Bäumler und Herrn Kerrinnes und unserem Schulassistenten Herrn Steins-Tiemann. Ohne sie würde vieles nicht so funktionieren wies es am EMA funktioniert.

Last but not least, zu Ihnen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten.
Am Ende einer 12-jährigen oder längeren Schulzeit geht Ihnen sicherlich alles Mögliche durch den Kopf. Tausend Gedanken verdichten sich – zusammen mit Gefühlen des Stolzes und der hoffentlich freudigen, vielleicht aber auch etwas bangen Erwartung an die Zukunft – zu einem unentwirrbaren Gemisch.
Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, haben nun Ihren schulischen Bildungsweg erfolgreich zurückgelegt. Was kann ich Ihnen als Ihr alter Schulleiter mit auf den Weg geben?
Ich habe Ihnen heute einen Fußball mitgebracht. Dieser Ball hier hat eine vollendete Form. So rund, so perfekt wünsche ich Ihnen im Jahr der Fußball-WM 2018 Ihre Zukunft.
Aber lassen Sie uns den Ball ein wenig genauer betrachten. Er ist nicht aus einem Stück gefertigt, sondern aus 32 Einzelstücken zusammengenäht. Als Einzelteilchen, also nur für sich alleine, ergeben die Lederschnipsel nur wenig Sinn. Erst zusammengefügt zu einem Ganzen bilden sie den Ball.
Das ist genauso in der Gesellschaft, in der Sie und ich leben. Damit etwas funktioniert, müssen wir zusammenarbeiten und zusammenhalten, so fest wie die Nähte beim Fußball.
Und Luft muss im Ball sein, das ist unser Geist, unsere Visionen.
Zusammenfassen kann ich also sagen, dass es beim großen Ganzen auf jedes Einzelteil ankommt.
So ist jede und jeder Einzelne von Ihnen, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, für unsere zukünftige Gesellschaft, für unser Land, von immenser Bedeutung. Auf jeden Einzelnen kommt es an, auf die 1,0-Abiturientin wie auf den 3,2-Abiturienten und auch auf denjenigen, der „nur“ die Fachhochschulreife erworben hat.
Unser Land befindet sich zurzeit wieder in einer Euphorie, die die Fußballweltmeisterschaft hervorgerufen hat. Auch wenn das erste Gruppenspiel des deutschen Teams gegen Mexiko verloren wurde, lassen Sie sich anstecken von dieser WM-Stimmung.
In Parenthese: beim Spiel gegen Mexiko waren auch nur 8 Mann auf dem Platz und Kimmich war aus Versehen vom Trainer gesagt worden, er solle Rechtsaußen statt Verteidiger spielen. Gegen Schweden gewinnen wir 4:0.
Sie sind es, liebe Abiturientia, die die Zukunft unseres Staates und unserer Gesellschaft in die Hand nehmen müssen, jeder und jede mit seinen und ihren ganz persönlichen Stärken.
Sie müssen allerdings – um in der Sprache des Fußballs zu bleiben – manchmal weite Wege gehen. Sie müssen sich immer wieder anbieten, den fairen Zweikampf annehmen und oft müssen Sie bis zum Umfallen kämpfen, d.h. hart arbeiten, um erfolgreich zu sein.
Und nach einem Gegentor, nach jeder Niederlage, sollten Sie Ihren Blick ohne zu lamentieren gleich wieder nach vorn richten, um durch einen genialen Pass Chancen zu erarbeiten und das eine oder andere Tor selbst zu schießen.
Lassen Sie sich durch die Welle der Begeisterung rund um die WM anstecken und nehmen Sie diese Stimmung mit auf Ihre Lebensreise.
Vertrauen Sie auf Ihre Fähigkeiten. Setzen Sie sich Ihre Ziele. Pflegen Sie Ihre ganz persönlichen Visionen. Träumen Sie von blühenden Gärten und machen Sie sich auf den Weg. Füllen Sie Ihre Krüge mit Wasser und lassen Sie Ihren Traum wahr werden.
Lassen Sie sich nicht von Ihrem ganz persönlichen Weg abbringen.
Für Ihre persönliche Zukunft wünsche ich Ihnen als Ihr Schulleiter von ganzem Herzen Gesundheit – ohne die nichts geht – und vor allem natürlich Erfolg und Zufriedenheit im Studium und im Beruf, und vergessen Sie nicht meinen letzten guten Rat:
Machen Sie das Beste aus Ihren ganz persönlichen Fähigkeiten.
Und über allem stehe Gottes Segen.

 

Für die Ehemaligen: Arnold Ibing (Abiturjahrgang 1968)

Grußwort zur Abiturfeier des Arndt-Gymnasiums in Osnabrück am 21. Juni 2018 von einem Abiturienten des Jahres 1968

Sehr geehrter Herr Oberstudiendirektor Bruns, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, sehr geehrtes Kollegium, liebe Eltern, Ehemalige und Freunde der Schule!

Foto: EMA

Herzlichen Dank, dass Sie auch uns Ehemalige zu Ihrer Feier eingeladen haben. Es ist ein unerwartetes und schönes Erlebnis, nach so vielen Jahren zurückzukommen zu dem inneren Ort des Schul-Abschlusses, nach 50 Jahren! Und danke, dass Sie um ein paar Worte gefragt haben!

NIE hätte ich gedacht, als ich 1968 als gewählter Sprecher der Abiturienten drüben in der alten Aula die Abiturrede hielt, dass ich nach einem halben Jahrhundert noch einmal vor Abiturienten meiner alten Schule ein Grußwort würde sprechen dürfen.

My English pronounciation, vocabulary and grammar I have got from you, Mr. Schiller. Not without reason you were called “father Schiller”. Meine Mathematik habe ich von den Herren Heckmann, Vahle, Papenhausen, Frese; meine Vektorrechnung, Analytische Geometrie und Integralrechnung von – Meister! – Robel. Von Dr. Scholz die Chemie. – Und so könnte ich fortfahren durch viele Namen für Deutsch, Latein, Musik – der unvergessene Dr. Voß – die ewig lebendige Oase der Kunst von den Herren Hampel, Hein und Lindenmeyer. Man möchte sie gerne hier ansprechen und sagen: Wie haben Sie sich für uns krummgelegt! Vorbereitung, Unterricht, Korrektur, menschliche Begleitung: Es dankt Ihnen so sehr der Junge in mir und der bejahrte Mann, auch nach 50 Jahren!

Dann kam das Jahr 1968 – Wir waren Zeitgenossen, als ein Jahr vorher der Student Benno Ohnesorg in Berlin erschossen wurde; als 1968 der Vietnamkrieg eine Stufe unvorstellbarer menschlicher und ökologischer Gräuel erreichte; als die Studentenproteste größer und größer wurden; als am 11. April Josef Bachmann das Attentat auf Rudi Dutschke verübte mit dem Ruf „Du dreckiges Kommunistenschwein!“. Im Frühsommer ’68 folgten Proteste gegen die geplanten Notstandsgesetze, durch die in unserem Grundgesetz Freiheitsrechte eingeschränkt werden sollten. Mit 300.000 anderen standen wir in Bonn auf der Hofgarten-Wiese gegen Gefahren für die Demokratie, die da aufzogen, eine Demokratie, die wir doch unsere nennen wollten.

Mitten in alledem bestanden wir unser Abitur. Am Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium und in seiner Schulzeitung „neue realität“ gab es lebhafte Auseinandersetzungen um Menschenrechte, Jugendrechte, Demokratie, Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit. Nur ein Beispiel möchte ich nennen: Als die Politik-AG der SMV über eine wichtige Frage im Selbstbild der Schule diskutieren und eine Abendveranstaltung abhalten wollte, hat der Direktor uns einen Raum in der Schule dafür verwehrt, „aus versicherungstechnischen Gründen“, wie er sagte. Wir wichen aus, man könnte auch sagen, wir brachen aus, indem wir einen anderen Raum für unsere Diskussion suchten und – im Haus der Jugend – fanden. Es gab weitere Behandlungen, wo wir uns wehrten, Widerstand leisteten, weil wir uns als eigenständig denkende Menschen direkt diskriminiert fühlten. – – In meiner Abiturrede – 28. Juni 1968 – bedankte ich mich bei den Lehrern, die sich existenziell für uns eingesetzt hatten, für alles, was wir durch sie haben aufnehmen und erwerben können. Aber ich benannte auch Missstände, die allen vertraut gewesen sein mussten, die sich in dieser Schule und in der politischen und in der Bildungslandschaft auskannten. Diese Rede wurde von vielen als Eklat empfunden. Der damalige Oberstudiendirektor soll gezögert haben, mir mein Abiturzeugnis auszuhändigen.

Wir brachen auf in die Studienzeit und empfanden es oft als Ausbruch aus der Enge unseres Gymnasiums in eine überraschende Liberalität des Universitätslebens. Da begann also der Weg von 50 Jahren. Für mich war es ein freier Sturz in die Probleme der Dritten Welt und in die studentische und akademische Marxismus-Auseinandersetzung: Keine schöne Welt, ein Leben in dieser vielfach berechtigten, aber umfassend seelisch belastenden Gesellschaftskritik. Drei Monate in Westafrika: Afrika sollte mir helfen, neue, positive Lebensperspektiven aufzunehmen, half aber nicht. Die deprimierende Kritik wurde nur vertieft, jetzt an den Folgen des Kolonialismus. Mir fehlte plötzlich „Liebe“ in dieser Kritik. Auch die Religion hatte ich arrogant abgewertet. Ein Freund fragte mich, zu meiner Beschämung, ob ich denn kenne, worüber ich da urteile. Am folgenden Wochenende las ich die vier Evangelien in einem Zug – und fand mich danach als tastend glaubender Christ. In meiner Suche nach einer positiven Gesellschaftstheorie traf ich auf Wilhelm von Humboldt. Humboldt hat die gegenseitige Anregung, Ergänzung und Bereicherung, die gegenseitige Bildung, als Hauptthema des gesellschaftlichen Lebens ins Zentrum seines Staatsdenkens gestellt. Wenn man von der Welt der linken Gesellschaftskritik herkommt, ist das wie eine Offenbarung.

Erst jetzt war ich offen, Novalis zu lesen und mit Goethe zu ahnen, dass der Mensch, der aus dem Innersten der Natur hervorgegangen war, mit seinem Geist, der aus seinem eigenen Innersten hervorgeht, die Garantie hat, zurückzufinden zum Innersten der Welt. Erst jetzt konnte ich im Philosophiestudium schätzen, dass Hegel mit der Dialektik des Geistes, die im „absoluten Wissen“ ihren Höhepunkt findet, den Bürgern ein Ziel vor Augen stellen wollte davon, was beseelter höchster menschlicher Erkenntnis-Mut erreichen kann. – Verwandte Ziele wurden durch die anderen Großen des klassischen und romantischen Zeitalters entwickelt. – – Immer wieder kam mir jene, vielleicht letzte, Stunde im Physiksaal unseres Gymnasiums in den Sinn, in dem unser Lehrer, den wir durchaus sehr gern hatten, einen Höhepunkt seiner Lehraufgabe darin gesehen zu haben schien, uns zu vermitteln, dass eine eigentliche und letzte Erkenntnis uns Menschen immer verborgen bleiben werde. Wie enttäuscht und mit grauer Seele hatte ich diese Stunde verlassen. Jetzt, nach mehreren Jahren Philosophie-Studium konnte ich aussprechen, dass unsere Gymnasiums-Naturwissenschaft Kant-hörig gewesen war. Die Grenzen der Erkenntnis-Kategorien, wie Immanuel Kant sie mit unendlichen Mühen nachzuweisen versucht hatte, hatten weiter Bestand im naturwissenschaftlichen Zweig unseres Gymnasiums, wie auch fast in der gesamten Naturwissenschaft des 20. Jahrhunderts, obwohl die Großen aus Kants Zeit, nennen wir nur Goethe, Schiller, die beiden Humboldts, Novalis, Hegel und Schelling, teils noch zu Kants Lebzeiten dessen Beschränkungen überwunden hatten. – Das war nicht aufgenommen worden! Das war ignoriert worden!

Heute scheint eine Diskussion über das Selbstbild des menschlichen Geistes, über sein Unvermögen oder sein Vermögen, eher ein Thema für Spezialisten zu sein. Die Fortschritte in der Wissenschaft von Mensch und Erde, in Medizin, Biologie, Chemie, in Erd-, Stein-, Pflanzen-, Tier-, Meeres- und Klima-Wissenschaften sind so ungeheuer und so überraschend, dass sie energisch errungen werden und geschehen. Kaum macht man sich klar, dass die Wahrnehmungen, die Ergebnisse von Sehen, Hören, Riechen, Tasten und Schmecken, auf begrenzten Kategorien beruhen, dass aber das Denken, das die Zusammenhänge zutage fördert, sich nicht in den Grenzen der Sinne, sondern im unbegrenzten Reich des Geistes bewegt. Das freie Denken lässt Ideen als Formen aufleuchten, aber Ideen werden als Formen und Kategorien für die Welt auch durch das Denken verändert, überwun-den, und es werden neue gebildet innerhalb der unendlichen Begeisterung aller Zusammenhänge. Hier ist Mut zu einer Erkenntnis, die unbegrenzbar ist, nicht nur in der Wissenschaft, Mut zur nicht begrenzbaren Erkenntnis in jedem Leben. Nicht gleich schon Resignation des Denkens von vorneherein. Auch für diese selbstverständliche, zuversichtliche Praxis des Erkennens gibt es den Namen eines Theoretikers. Der Grenzen durchbrochen und buchstäblich neue Welten eröffnet hat. Der Goethes Grenz-Überschreitungen nicht beiseitegelegt, sondern in ihnen weiter gegangen ist. Das ist ein Name, der ebenso wie der von Karl Marx sofort lebhaften Streit hervorruft und vorschnell in strittigen Diskriminierungen zu versinken droht, der immer noch nicht zu den Großen gezählt wird, aber längst zu ihnen gehört. Seine Anregungen zu neuen Lebensformen werden vielfach aufgegriffen, und seine Erkenntnistheorie wird – unausgesprochen – selbstverständlich praktiziert: Dieser so einflussreiche Theoretiker und Reformer ist Rudolf Steiner.

Als ich in mein Studium hineingekommen war, verlor ich in den Verstrickungen der Gesellschaftskritik alle Impulse, Lehrer zu werden. Jetzt, nachdem ich mir selbst einen Durchgang durch die Philosophie- und Geistesgeschichte erkämpft hatte, hatte ich Zutrauen zum eigenen Denken gefunden. Nach Jahren des Studiums, von denen ich mir gern einige erspart hätte, hatte ich endlich Zutrauen zu mir selbst, Oberstufen-Unterricht geben zu können: viel Deutsch-Abitur, aber auch viel Geschichte, Sozialkunde und Philosophie. An einer Schule ohne Direktor, wir leiteten die Schule selbst, durch Gespräche und Abstimmungen in den Konferenzen. Und die Freiheit des Denkens ist erklärtes Ziel von Curriculum, Methodik und Didaktik. Sie hören es heraus: Diese Schule mit voller Oberstufe und Abitur ist kein Gymnasium, es ist eine Waldorfschule. Oft habe ich an mein Gymnasium als inneren Maßstab gedacht, und oft habe ich mich von den Erlebnissen aus, die ich an dessen Realität gehabt hatte, vorangestoßen in eine Schulrealität, wie ich sie mir damals gewünscht hatte, aber erst jetzt selbst mitgestalten konnte. Und als ich aktiver „Lehrer in Ruhe“ wurde und an meinem Buch schrieb, einer „Weltgeschichte für Ungeduldige“, hatte ich immer noch das Gefühl: „Hier schreibe ich, was mir in dem Geschichtsunterricht, den ich einmal bekommen hatte, gefehlt hat.“ Schule wirkt in uns länger als eine Generation.

Heute bringe ich alles zurück hierher: Prägung und Wachstum in unserem Gymnasium bis 1968 haben mich als Junge zu einem Schul-Liebhaber werden lassen. Liebe, Abstoßung und Suche, schließlich 21 Jahre Erfüllung in eigener Lehrtätigkeit mit Schülerinnen und Schülern, sind ein Ganzes geworden, das ich mit tiefer Dankbarkeit in mir trage. Schul-LiebhaberInnen sind doch wohl auch Sie alle hier im Saal!?– wenn auch vielleicht in individuell verschiedenen Prozentsätzen? – Ihnen lege ich sie hier heute in meiner alten Schule vor Sie hin, vor Ihre Füße: meine Dankbarkeit. Und vielleicht nehmen Sie, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, einen Wunsch an: Lieben Sie weiter das Lernen, das Suchen und die eigene Erkenntnis, erweitern Sie das, was Sie als Schul-Liebhaberei in sich tragen, über das hinaus, was diese Ihnen bis jetzt erbracht hat!

Danke, dass ich das alles vor Ihnen aussprechen durfte und dass Sie mir zugehört haben. Ich wünsche den Abiturientinnen und Abiturienten Glück und einen begeisterten, mutigen, zügigen und behüteten Weg zur Erfüllung Ihres Lebens!

Dr. Arnold Ibing, (Abitur 1968)

Für die Eltern: Beate Saremba

Liebe Schulleitung,
liebe Lehrerinnen und Lehrer,
liebe Jubiläumsabiturienten,
liebe Eltern, Verwandte und Freunde,
und natürlich am allerwichtigsten heute:

liebe Abiturientinnen und Abiturienten,

im Namen aller Eltern beglückwünsche ich euch auf‘s herzlichste!

Foto: EMA

Ich habe lange überlegt, welche Worte den heutigen Tag am besten beschreiben…
Und dann ist es mir eingefallen.
Und zwar ganz einfach und ganz simpel:

„Abpfiff – das war‘s!“

Aber gleichzeitig kam mir auch in den Kopf:

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“

Wir stecken ja bereits mitten in der Fußballweltmeisterschaft, und daher drücke ich es mal weiter mit sportlichen Worten aus:

Viele Saisons liegen hinter euch, insbesondere die Saison 2017/2018.

• Leider haben wir auch hier ein paar Absteiger zu beklagen.
• Einige von euch konnten sich erfreulicherweise noch in allerletzter Sekunde über die Relegation retten!
• Dann haben wir hier ein richtig gutes, breites Mittelfeld.
• Und nicht wenige von euch haben sich sogar für die Champions League qualifiziert!
Aber eines ist euch allen gemein: ihr habt euer Bestes gegeben, und darauf könnt ihr alle mächtig stolz sein!

Eure ersten Trainer – bekannt als eure Eltern – haben euch liebevoll von der Pampers-Liga über die Minikicker bis in die Jugendmannschaften begleitet.

Danach kamen wechselnde Trainer in aufeinander aufbauenden Ligen hinzu.

12 Jahre lang (wenn der Vertrag verlängert wurde, sogar das ein oder andere Jahr mehr) wurdet ihr nun von diesen hervorragenden Trainern trainiert, geschult und mit Wissen genährt.

12 Jahre lang wurdet ihr vorbereitet auf andere Mannschaften, auf die Welt, auf den Arbeitsmarkt und auf das Leben.

Doch jetzt heißt es: Abpfiff – das war‘ s mit dem Training!

Aber auch gleichzeitig: Anpfiff – die Show beginnt!

• Es heißt Anpfiff, zu entdecken, was die Welt außerhalb des wunderbaren EMA noch so zu bieten hat
• es heißt Anpfiff, alte Freundschaften zu pflegen und gleichzeitig neue zu finden
• es heißt Anpfiff, heute zu feiern, ohne, dass das Gewissen im Hinterkopf „Lernen“ schreit
• es heißt Anpfiff, stolz zu sein, weil ihr den in Deutschland höchstmöglichen Schulabschluss besitzt
• es heißt Anpfiff, endlich Ausbildungsplatz, FSJ oder Studium anzutreten
• es heißt Anpfiff, dankbar mit einem Lächeln zurückzublicken, ein letztes Mal freundlich zu winken und dann dem Leben entgegenzugehen.

Für die Zukunft gibt es leider kein Rezept und keinen Ratschlag, der für euch alle gelten kann. Aber ich weiß, dass ihr in den zurückliegenden Saisons am EMA stetig gewachsen seid. Ihr habt bewiesen, dass ihr als Mannschaft definitiv etwas bewegen könnt.
Und deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass ihr nun bereit seid, über den Transfermarkt einzeln in die Welt zu schreiten und gestärkt durch eure Erfahrungen auch fähig seid, selbständig eure Ziele zu erreichen.

Eure Trainer haben euch mit den Trainingsinhalten die Voraussetzungen gegeben – nun ist es eure Aufgabe, sie anzuwenden, umzusetzen und eure Bildung zu nutzen!

Das Spiel des Lebens wird euch ganz bestimmt vor viele große Herausforderungen stellen.

Aber ich wünsche euch allen

• dass jeder die Ausdauer für Zwischensprints hat
• dass jeder den Mut besitzt, auch mal Risiken einzugehen
• dass jeder die Geduld für Querpässe aufbringt
• dass jeder von euch lernt, mit Fehlpässen anderer umzugehen und eigene akzeptiert, ohne zu verzagen
• dass ihr nie vergesst, dass Niederlagen manchmal auch zu Mythen werden können!

Außerdem wünsche ich euch viele gelungene Spielzüge, auch mal einen Kantersieg und jede Menge ganz persönliche Traumtore!

Betretet also nun das Spielfeld und macht das bestmögliche aus eurem eigenen Spiel!

 

Für die Schule: Holger Kossenjans
Foto: EMA

Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Eltern, Verwandte und Freunde unserer Abiturientia,
als Biologie- und Sportlehrer die Abiturrede für das Kollegium halten zu dürfen, ist in meinen Augen ein Ehrenamt.
Gerade auch, da ich schon vor einer Woche per WhatsApp gefragt worden bin, ob ich diese ehrenhafte Aufgabe nicht übernehmen könnte, da ich der mehrheitliche Wunschkandidat des Jahrgangs sei und ich alle Freiheiten in der Wahl der Texte und der Darbietungsform hätte.
Und außerdem würde dies: Originalzitat: „mein Fehlen auf dem Abiball ausgleichen“.
Meine Frage auf dem gleichen Weg: „Wer hat denn jetzt noch abgesagt?“, wurde erst einmal ignoriert.
Da stand ich nun wie der Auswechselspieler kurz vor der Einwechselung – fing an mich locker zu machen und holte meinen Terminkalender heraus, um zu prüfen, ob etwas gegen diese Rede sprach.
Und tatsächlich stand da ein wichtiger Termin, genau um 17.00 Uhr :
Frankreich gegen Peru (Liveübertragung im ZDF) – also – keine Chance – ,
dann noch mal kurz nachgedacht – ist ja schon der zweite Auftritt der Franzosen nach dem Spiel gegen Australien – Peru kommt in meiner Tipprunde auch nicht über die Gruppenphase hinaus und bis 20.00 Uhr – wenn Argentinien gegen Kroatien antritt, bin ich wieder zu Hause.
Das sprach also nicht dagegen.
Darüber hinaus ist diese Abiturentlassungsfeier eine besondere Abiturentlassungsfeier, denn es ist nicht nur eure letzte Abiturentlassungsfeier (es sei denn – ihr habt noch Geschwister oder werdet Kinder haben, die das Abitur irgendwann in der Zukunft mal ablegen werden), sondern auch die letzte Abiturentlassung im regulären Dienst für unseren Schulleiter Hartmut Bruns.
Somit habe ich die doppelte Möglichkeit „Auf Wiedersehen“ zu sagen, einige Gedanken loszuwerden – und trotzdem noch pünktlich zum Abendspiel zu Hause zu sein.
Heute ist also der besondere Tag, auf den ihr in den vergangenen Jahren hingearbeitet habt. Einige von euch hatten dieses Ziel schon lange vor Augen, andere sind erst in der Oberstufe auf den Zug in Richtung Abitur aufgesprungen. Dabei habt ihr alle so manche Mühen auf euch genommen und auch sicherlich den einen oder anderen Rückschlag erlitten. Euch alle eint nun aber, dass ihr euer Ziel erreicht habt und heute eure Abiturzeugnisse erhalten werdet – dazu schon einmal an dieser Stelle meinen herzlichen Glückwunsch!

 

Abitur 2018 – (Selektiv-)Permeabilität – nur die Besten kommen durch (Graphik: EMA)

Dieses Leitwort habt ihr als Überschrift über euer Abitur gesetzt. Vielleicht habt ihr euch deshalb auch einen Naturwissenschaftler als Redner ausgesucht.
Schaut man dann – in eurem Lieblingslexikon – einmal nach, was Permeabilität semantisch bedeuten kann, findet man bei Wikipedia folgende Definitionen:
Permeabilität (lat.: permeare = ‚durchgehen‘, ‚passieren‘) steht für:
Permeabilität (Festkörper), die Durchlässigkeit von Materie für andere Atome, Moleküle oder Ionen.
Verwiesen wird auch auf die Begrifflichkeiten „semipermeabel“ (halbdurchlässig) und die „selektive Permeabilität“.
Die selektive Permeabilität (euer Leitmotto) ist die Eigenschaft insbesondere biologischer Membranen, nur bestimmte Moleküle durchzulassen.
Das ihr euch in eurer Zeichnung für das erste Biomembranmodell von Gorter und Grendel von 1927 entschieden habt, kann zwei Gründe haben:
1. Ihr habt das wissenschaftspropädeutische Lernen in den Naturwissenschaften in Fleisch und Blut aufgenommen und arbeitet bewusst mit dem ersten Modell, das bei neuen Erkenntnissen natürlich verifiziert, falsifiziert und / oder modifiziert werden kann bzw. muss.
Und so zeigt sich, dass ihr erkannt habt:
Wissen ist nichts Statisches,
Ihr begreift Wissen als einen für Personen oder Gruppen verfügbaren Bestand von Fakten, Theorien und Regeln, der sich durch den größtmöglichen Grad an Gewissheit auszeichnet, so dass von seiner Gültigkeit bzw. Wahrheit ausgegangen wird. Paradoxerweise können daher als Wissen deklarierte Sachverhaltsbeschreibungen wahr oder falsch, vollständig oder unvollständig sein.
Daher wünsche ich mir für Euch: Bleibt kritisch und hinterfragt Sachverhalte, die Euch gerade in der heutigen medialen Welt als vielfach als Wahrheit vorgegeben werden.
Die zweite Möglichkeit, warum ihr dieses frühe Membranmodell gewählt habt, wäre die Annahme, dass ihr im Unterricht entweder nicht über das Ursprungsmodell hinausgekommen seid oder vielleicht alle weiteren Veränderungen dieses Modell bereits vergessen habt.
Sollte die zweite Variante zutreffen (- was ich natürlich nicht glaube -), hoffe ich, dass die Künstler nicht in meinem Biounterricht saßen.
Um auf Euer Abimotto und die Durchlässigkeit zurückzukommen, bin ich froh, dass ihr tatsächlich eine selektiv permeable Membran für euer Bild und keine semipermeable – also nur halbdurchlässige – Membran gewählt habt, denn, dann wäre der Kreis, der heute zu ehrenden Schülerinnen und Schüler deutlich kleiner. Und das ist glücklicherweise nicht so.
Wie ihr aus dem Biologieunterricht wisst, muss man bei dem Transport gegen das Konzentrationsgefälle einen aktiven Transport wählen, der nun mal Energie benötigt.
Auch ihr habt Energie benötigt, um in den „Interabituriellen Raum“ zu gelangen.
Diese Energie kam einerseits von den Kolleginnen und Kollegen und der Schulleitung dieser Schule, die ihre Energie und oftmals auch ihr Herzblut in euren Unterricht und eure Betreuung investiert haben.
Natürlich auch von euren Eltern und Lieben, die sich einerseits als günstige Nachhilfelehrer, emotionale Blitzableiter, Chauffeure, Hoteliers und Verständnishaber verdingt haben.
Und selbstverständlich musstet ihr einiges an Energie aufbringen.
Manchmal um die Mengen an Stoff, die wir euch vermittelt haben, zu bewältigen, manchmal aber auch nur um pünktlich aus dem Bett zu kommen. (Und selbst dann wurde – gefühlt – jedes zweite Mal trotzdem der falsche oder spätere Bus benutzt!).
Wenn wir nun aber das Ergebnis sehen, bestätigt sich der Energieerhaltungssatz. Energie geht in einem geschlossenen System nicht verloren, sie kann aber umgewandelt werden – in diesem Fall in euer Abiturzeugnis.
Um die Möglichkeiten der Durchlässigkeit nutzen zu können, braucht es aber auch Mut.
Von dem englischen Politiker Harold MacMillan stammt folgender Satz, der mich als Sportlehrer ganz besonders angesprochen hat:
„Die Vergangenheit sollte ein Sprungbrett sein, nicht ein Sofa.“

Liebe Abiturientinnen, liebe Abiturienten,
die Höhen eurer Sprungbretter werden ganz unterschiedlich sein, einige trauen sich schon den Sprung aus mehreren Metern Höhe, andere bevorzugen niedrigere Sprungbretter, wieder andere wagen sich, in für sie ganz unbekannte Gewässer zu springen.
Den Mut zum Sprung müsst ihr jetzt alle für euch selbst aufbringen, und ich wünsche euch, dass ihr euch alle traut, den scheinbar kleinen Schritt nach vorne zu gehen, auch wenn die eine oder andere Bauchlandung droht.
Vieles in eurem Leben wird sich verändern, und diese Veränderungen werden an euch nicht spurlos vorbei gehen. Menschen werden in euer Leben treten, ihr werdet neue Beziehungen knüpfen und dafür alte lösen. Diese Begegnungen und Erfahrungen werden euch prägen und eure Persönlichkeit weiter reifen lassen.
Ich wünsche Euch, dass ihr eure Sprungbretter findet und dass ihr spannende und reifende Erlebnisse erfahrt. Hierfür sollte eure Schulzeit das Training gewesen sein; der Wettkampf in dem man sich und seine Fähigkeiten beweisen kann, beginnt nun.

Durchlässigkeit steht aber bei Wikipedia auch für:
Soziale Durchlässigkeit, eine Leichtigkeit im Wechsel zwischen Schichten oder Klassen
Und da bin ich wieder an eurem Gymnasium – dem EMA.
Kaum eine Schule in Niedersachsen steht so für ein offenes und tolerantes Miteinander, für sozial intelligente Schülerinnen und Schüler, die respektvoll miteinander umgehen.
Bewahrt euch eure Erfahrungen, bewahrt euch Werte wie Wertschätzung und Respekt sowie den respektvollen Umgang von unterschiedlichen Kulturen und Religionen, Verhaltens- und Denkweisen und begreift sie als Bereicherung eures Lebens und nicht als Bedrohung.

Das wir hier ein solch angenehmes und vertrauensvolles Lern- und Schulklima zwischen Schülern, Eltern und Lehrern haben, verdanken wir natürlich auch dem Mann, der diese Schule eigentlich schon seit September 1997 leitet:
Hartmut Bruns.
Du hattest – und hast eine Vision von deiner Schule – hast die Zeichen der Zeit oft früher erkannt als die Politik, hast dir dein Kollegium zusammengestellt, ihnen die Freiheit gegeben etwas auszuprobieren, sie ermutigt etwas auszuprobieren, sie aufgefordert etwas zu probieren, und zur Not auch vor sie gestellt, wenn der Versuch nur mäßig erfolgreich war.
Du hast eine Identifikation mit deiner Schule, deinem Kollegium, deinen Eltern und deinen Schülern, wie sie selten zu finden ist. Das ist auch wichtig, denn ansonsten wäre dein Arbeitspensum auch nicht zu schaffen gewesen.

In deiner ersten Vorstellung als Schulleiter am EMA im EMA-Report 2000 hast du Folgendes gesagt:
Dies zitiere ich mit kleinen Kürzungen und sprachlichen Aufhellungen fast wortwörtlich:
„Sowohl als Lehrer als auch als Schulleiter leiten mich zwei Maximen:

1. Pestalozzis Forderung, dass Erziehung „Vorbild und Liebe“ sein soll,
2. der pädagogische Anspruch des „Förderns durch Fordern“.

Guter Fachunterricht bildet den Kern einer guten Schule, aber ich schätze das Engagement im außerunterrichtlichen Bereich für die Entwicklung der Persönlichkeit eines jungen Menschen als sehr hoch ein.
Deshalb findet jeder Lehrer, der sich diesem Bereich widmet, meine volle Unterstützung.
….
Heute ist es wichtiger denn je, Kinder und Jugendliche intensiv in ihrer Schullaufbahn zu begleiten, sie zu beraten und in der Schule ansprechende Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches und effektives Lernen zu schaffen.
Ich bin bereit, Kraft und Zeit für all diejenigen zu investieren, die sich mit dem Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium identifizieren und die von ihrer Schule für ihre Zukunft etwas erwarten.

Gleichermaßen werde ich mich für die Kolleginnen und Kollegen einsetzen, die sich mit dem EMA identifizieren und sich oft weit über das normale Maß hinaus für unsere Schülerinnen und Schüler engagieren.“ Ende des Zitats.
Das hast du getan – Danke dafür –
Dieser Abiturjahrgang ist ein erfolgreiches Ergebnis dieser Einstellung und sitzt heute in Abendgarderobe hier und erhält in Kürze aus deiner Hand die Abiturzeugnisse.

Herzlichen Glückwunsch!

Ich wünsche Euch, liebe Abiturientinnen und Abiturienten und Dir, lieber Hartmut alles erdenklich Gute für die kommenden Jahre, glückliche Entscheidungen, schöne Stunden, in denen auch noch einmal an die gute alte Zeit in eurer Schule – eurem EMA – gedacht werden darf und vor allem: Gesundheit und Glück.

Rede der Jahrgangssprecher Ira Schenk und Georg Abendlich

Georg: Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,
liebe Lehrerinnen und Lehrer,
liebe Eltern,
liebe Gäste,
meine Damen und Herren,

Foto: EMA

Vor knapp 8 Jahren oder vor 96 Monaten, 384 Wochen, 2688 Tagen, 64.512 Stunden begann für viele hier am EMA der erste Schultag. Wie ich auf diese Zahlen komme? Nun, ich hatte nicht umsonst 12 Jahre lang Mathe als Unterrichtsfach.

Eigentlich hatten wir uns auch überlegt, jedes einzelne Komma anzusagen, damit Sie merken dass wir auch im Deutschunterricht waren, aber aus zeitlichen Gründen werden wir darauf verzichten.

Ira: Nein, jetzt mal im Ernst,…

Auch wenn man es uns nicht immer anmerkt, haben wir während unserer Schulzeit auf dem EMA viel gelernt, was uns zu dem gemacht hat, was wir jetzt sind. Aus schüchternen Schülern wurden starke und individuelle Persönlichkeiten geformt, die im Laufe des Schulalltags sowohl im Unterricht als auch durch das Miteinander mit unzähligen Fähigkeiten ausgestattet wurden.

Häufig haben wir resignierend und kopfschüttelnd auf unseren Stühlen gesessen und sowohl den Mehrwert als auch die Sinnhaftigkeit des Unterrichtsstoffes hinterfragt. Rückblickend wird jedoch deutlich, dass wir während unserer Schulzeit viel Fachwissen erworben haben, aber auch zwischenmenschlich reifer geworden sind.

Wenn ich jetzt so in eure Gesichter schaue, sehe ich Künstler, deren Arbeitsblätter am Rand mit den schönsten Zeichnungen geschmückt sind, Historiker, die mir drei Geschichtsbücher zum Thema Zweiter Weltkrieg verfassen können, Sportler, die mehr im Wasser als auf dem Land leben, Mathematiker, die uns die Oberfläche der Sonne berechnen können, und Germanisten, die diese Rede auf jegliche rhetorische Mittel untersuchen werden.

Georg: Wenn ich in eure Gesichter gucke, sehe ich Abiturienten, die sich jetzt schon auf den Sekt nach der Entlassung freuen, andere, die nicht die Abiklausuren als den ultimativen Stresstest empfunden haben, sondern die fehlende Seife im Hotel der Kursfahrt. Manche kamen trotz zwei Minuten Fußweg zehn Minuten zu spät zum Unterricht und andere spielten während der Unterichtszeit heimlich Durak.

Ich sehe Schüler, welche ihr Profil nicht nach eigenen Interessen gewählt haben, sondern nach der geringsten Lernintensität. Und wenn ich mich so umschaue, hat das zum Glück für die Meisten geklappt.

Ira: Doch egal mit welchen Gedanken Ihr jetzt hier sitzt … Eins haben wir alle gemeinsam: Mit dem Eintritt in die Oberstufe lernte jeder Einzelne von uns nicht nur fachlich detailliertere und anspruchsvollere Inhalte über sein vorheriges Lieblingsfach. Durch die Wahl der Profile und die Festlegung der Leistungs- und Grundkurse lernten wir zum einen wichtige Entscheidungen zu treffen und reflektierten zum anderen sowohl unsere Stärken und Schwächen als auch unsere Talente und Interessen.

Mit der neuen Fächeranzahl änderte sich gleichzeitig noch etwas viel ausschlaggebenderes: Unser Klassenverband wurde aufgelöst, und wir lernten am eigenen Leib, wie aus vielen Individuen eine starke Gemeinschaft entsteht, in der jeder seinen eigenen Platz finden musste.

Auch wenn so manche ihren Platz nicht freiwillig eingenommen haben, spiegelt dieser ihre Persönlichkeit und Individualität wider.

Georg: Egal ob Klassenclown oder auch Nobelpreisträger, ob Mama für alles oder Partybeast, ob Phantom oder Dramaqueen, ob Doc. Holiday oder wandelndes Lexikon. Diese Bezeichnungen sind nur Aushängeschilder für Momentaufnahmen unserer Schulzeit, welche durch gemeinsame Erlebnisse und Erfahrungen entstanden sind. Insgeheim wissen wir alle, dass hinter diesen Bezeichnungen viel mehr steckt, denn jeder von uns vereint diese Charakterzüge und diese Vielseitigkeit in sich.

Für den weiteren Weg wünschen wir euch, dass ihr euren Platz in jeder neuen Gruppe findet und diese mit euren Charaktereigenschaften bereichert.

Ira: Das dürfte nun keine Schwierigkeit mehr für uns sein, denn in unserer Schulzeit haben wir, wie wir bereits deutlich machen wollten, mehr gelernt als nur Fachwissen. Wir haben gelernt, dass wir alles schaffen können, wenn wir den Willen dazu haben, unsere Ziele hartnäckig verfolgen und ehrgeizig sind.

Durch immer wieder neue Herausforderungen haben wir uns selber besser kennengelernt, uns neu gefunden und sind an unsere Grenzen gegangen, wodurch wir Dinge über uns herausfanden, die wir vorher noch nicht wussten.

Georg: Zuletzt waren wir die Ältesten, doch jetzt werden wir wieder die Jüngsten sein.

Ira: Diesem bevorstehenden Neuanfang sollten wir jedoch nicht mit ängstlichen Augen ins Gesicht blicken, denn es gibt viele Menschen, die uns bestens auf die bevorstehende, teilweise noch ungewisse Zukunft vorbereitet haben, immer hinter uns stehen, unsere Entscheidungen mit tragen und uns in zukünftig schwierigen Situationen unterstützen.

Bei all dieses Menschen wollen wir uns nun in aller Form bedanken!

Unser erster Dank richtet sich an unseren ganzen Jahrgang, ohne den unsere gemeinsame Oberstufenzeit nicht so gewesen wäre wie sie war.

Ein weiteres Dankeschön richtet sich an Herrn Bruns und die gesamte Schulleitung. Sie haben uns mit offenen Armen empfangen und uns in unserer gesamten Schulzeit den Rücken gestärkt.

Auch Frau Averdiek-Bolwin möchten wir unseren Dank aussprechen. Sie haben viel Energie in die Koordination unseres Jahrgangs gesteckt, Sie waren immer für Fragen offen und hatten für jedes Problem eine Lösung.

Außerdem möchten wir uns in aller Form bei unseren Tutoren, Fachlehrern und dem gesamten Kollegium bedanken, die nicht nur ihre Arbeitszeit in uns investiert haben, sondern auch außerschulisch Zeit mit uns verbracht haben und dabei zusehen durften, wie aus Kindern erwachsene Menschen wurden.

Nicht zu vergessen ist das Sekretariat: Frau Mock, Frau Schomaker und Frau Pöttker waren Anlaufstelle für jede Art von Problem, und sie konnten sowohl mit Material als auch mit Kühlpacks Hilfe leisten.

Auch unsere Hausmeister und Herr Steins-Tiemann wurden besonders in dieser Woche von unserem Jahrgang enorm gefordert und strapaziert. Daher soll sich auch ein großes Dankeschön an Sie richten.

Unser finales Dankeschön richtet sich an unsere Familien. Auch ihr habt tatkräftig dazu beigetragen, dass wir zu dem geworden sind, was wir jetzt sind, uns sowohl in Momenten der Freude, als auch in Momenten der Verzweiflung unterstützt, uns den Rücken gestärkt und uns neuen Mut zugesprochen.

 

Abschließend möchten wir euch auf euren neuen Lebensweg ein Zitat von Konrad Adenauer mitgeben, das euch nie vergessen lassen soll, wo eure Wurzeln liegen und wie ihr zu dem geworden seid, was ihr jetzt seid :

„Man muss das Gestern kennen, man muss an das Gestern denken, wenn man das Morgen wirklich gut und dauerhaft gestalten will.“

 

 

 

Menü