Arnold, Johannes
Fächer: Deutsch, Latein, evang. Religion
Nachruf
Johannes Arnold †
„Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben“‚ – das war wieder erschütterndes Empfinden von uns allen, als am 9. März die Kunde von dem ganz unerwarteten Heimgang unseres lieben Kollegen Johannes Arnold kam. Jahrelang war er zwar krank gewesen, und Kuren und Sanatorien hatten ihm nur wenig helfen können, und doch schien es unfaßbar, daß er nun niemals mehr unter uns weilen würde, so wie wir ihn kannten, wenn er, ein wenig vornübergeneigt, bedächtigen Schrittes, ein wenig sinnend, mit der schwarzen Baskenmütze auf dem Kopf die Treppen unserer Schule hinaufstieg, oder wenn er im Lehrerzimmer, an seinem Platz am Fenster, unter uns war und aus seinem tiefen Wissen heraus – was hatte er nicht alles gelesen! – eine kluge Bemerkung fügte oder in dem ihm eigenen Wissensdrang, seinem Bemühen, die Wahrheit zu finden und zu wissen, die Kollegen anderer Disziplinen um eine Auskunft bat. Ja, e r war belesen wie nur wenige und einer der Menschen umfassender Bildung, wie sie dem deutschen Lehrerstand immer Ehre machten und machen. Damit verband sich bei ihm, der nach dem Tod seiner Gattin sehr zurückgezogen und still lebte, eine Weltoffenheit, die gerade junge Menschen immer wieder in den Bann zog. Was an moderner Literatur erschienen war, was an philosophischer Problematik sich in unseren Tagen entwickelt hatte, an theologischen und ästhetischen Problemen sich fand, war ihm vertraut, was sein lebendiger Unterricht ebenso erwies wie die große Bibliothek, die er sich nach dem Krieg aufgebaut hatte. Seine Schüler hatten ihn gerne: Wie sollte auch jemand, der so offen mit sich sprechen ließ, nicht die Herzen der Jugend gewinnen, sie öffnen für das, was an menschlichen Fragen und Problemen auftrat?
Wie so viele unserer Tage hat auch er das ganze Leid der notgeborenen Menschen dieser Zeit erfahren. Seine Heimat war Bütow in Pommern, wo er als Sohn eines Superintendenten 1904 geboren war. In der Inflationszeit, als der Bestand des Reiches tödlich bedroht war, legte er sein Abitur in Pyritz in Pommern ab und wandte sich zunächst der Jurisprudenz zu. Doch lagen ihm, der in seinem Wesen grundgütig war, wohl die Härte und die ernste Nüchternheit der Jura nicht – 1925 begann er, Germanistik, Latein und ev. Theologie zu studieren, und sein Ziel war, einmal als wissenschaftlicher Lehrer vor der Jugend zu stehen. In Stettin fand er seine pädagogische Ausbildung, dort bestand er am Ratsgymnasium 1932 seine Assessorenprüfung mit „gut“. Nach seinen ersten Jahren an der Baltenschule in Misdroy und wiederum am Stettiner Ratsgymnasium wurde er Studienrat in der Stadt, von der er einst zum Studium hinausgezogen war, in Pyritz. 1939 kam erdann nach Berlin-Charlottenburg zum Kaiserin-Augusta-Gymnasium, wo er nach nur kurzer Unterbrechung durch den Wehrdienst bis 1945 blieb: Da traf ihn, den unpolitischen Mann des Geistes, der Entlassungsbefehl des Sowjetmarschalls Schukow. Nachdem Johannes Arnold dann an der Kreismittelschule in Bad Essen ein neues Wirkungsfeld gefunden hatte, war er seit dem 1. April 1950 an unserer Schule tätig.
Mögen es auch nur knapp 9 Jahre gewesen sein, daß er unter uns wirken konnte, so war es doch eine ganze Schülergeneration, die er ausbildete, bevor er mit 55 Jahren für immer von uns schied. Wir werden ihm, der in aller Stille beigesetzt wurde – so wie es sein Wille war und wie es auch seinem innersten Wesen, das der Stille und Einsamkeit zugetan war, wohl entsprach -, ein treues Gedenken wahren und ihn nicht vergessen.
Dr. Knoke
Quelle: „neue realität“, Heft 5 (Sommer 1959)