Baethge, Jürgen

Fächer: Geschichte / Französisch

geb. 20.01.1936 in Zettin/Krs. Rummelsburg/ Pommern, am 14. Juli 1988 während eines Urlaubs in Frankreich ums Leben gekommen

Jürgen Baethge musste mit 9 Jahren den Einmarsch der Roten Armee in sein pommersches Heimatdorf erleben. Davon hat er den Schülern am Projekttag „8. Mai 1945 – 8. Mai 1985. 40 Jahre Kriegsende“ seiner Projektgruppe auf sehr bewegende Weise berichtet. Sein Vater war als Soldat im Zweiten Weltkrieg gefallen. Die Familie musste nach Westen flüchten und wurde zunächst durch die britische Besatzungsarmee in Weener/Ostfriesland untergebracht, wo er auch eingeschult wurde. Später zog die Familie nach Göttingen. Dort besuchte Jürgen Baethge das Max-Planck-Gymnasium. Er war mit dem späteren Oberbürgermeister von Hannover, Herbert Schmalstieg und dem Schriftsteller Robert „Pico“ Gernhardt befreundet.

 

NOZ, 20.07.1988:
Osnabrücker Lehrer Opfer jugendlicher Autoraser
Schrecklicher Unglücksfall beim Urlaub in Frankreich

Durch die sinnlose Raserei dreier junger Leute wurde in der vergangenen Woche der Osnabrücker Oberstudienrat Jürgen Baethge, Lehrer am Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium, während seines Urlaubes in Frankreich bei Bordeaux getötet. Seine Tochter Constanze berichtete gestern gegenüber der Neuen OZ, wie es zu diesem schrecklichen Unglück gekommen war.

Jürgen Baethge hatte zusammen mit seiner Tochter, seinem Bruder und dessen Frau in einem Ferienhaus in der Nähe von Bordeaux Urlaub gemacht. Die Gegend war seit 15 Jahren Reiseziel seines Bruders, seit 1982 erholte auch er sich zusammen mit Constanze in der waldreichen Gegend abseits des Trubels. Am 14. Juli erwartete die Familie als weiteren Feriengast einen Cousin von Constanze, der mit einer Mitfahrerzentrale aus Göttingen nachkommen wollte. Die beiden Brüder brachen am Abend auf, um den jungen Mann am verabredeten Treffpunkt, einer Autobahntankstelle bei Bordeaux, aufzunehmen.

Als er gegen 2.30 Uhr noch nicht eingetroffen war, vermuteten sie, daß er keine Mitfahrgelegenheit bekommen hatte, und wollten wieder in das Ferienhaus zurückkehren.Sie waren auf dem Weg zum Wagen, der hinter zwei abgesperrten Zapfsäulen stand, die noch zusätzlich mit Barrieren abgegrenzt waren, als drei junge Algerier eine wahnsinnige Fahrt auf dem Tankstellengelände begannen, für die nach Constanzes Aussage auch die Polizei noch keine Erklärung hat. In einem gestohlenen Fahrzeug rasten sie hin und her und rammten mehrere Wagen. Schließlich durchbrachen sie die Barriere zu den Tanksäulen und erfaßten mit ihrem Auto bei hohem Tempo den Osnabrücker, der auf der Stelle getötet wurde.

In der allgemeinen Verwirrung (die drei Algerier waren zu Fuß geflüchtet) verhaftete die Polizei den Bruder des Lehrers, der auf dem Revier trotz seines Schocks mehrere Male verhört wurde. Hilfe bekam der Urlauber, der nach Constanzes Aussage über nur geringe Französischkenntnisse verfügt, von „drei netten französischen Facharbeitern“, die als Zeugen aussagten und für den Bruder des Getöteten auf Englisch dolmetschten.Die flüchtigen Täter, von denen keiner einen Führerschein hat, waren inzwischen ebenfalls festgenommen worden.

Der Grund für ihre sinnlose Fahrt ist weiterhin unklar, fest steht nach Constanzes Wissen nur, daß sie trotz des 14. Juli, dem Nationalfeiertag der Franzosen, keinen Alkohol getrunken hatten. Constanze hat inzwischen zusammen mit ihrem Onkel Strafantrag gegen die drei Männer gestellt.

Mit der von dem schrecklichen Unglück betroffenen Familie trauern auch Lehrer und Schüler des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums um Jürgen Baethge. Oberstudiendirektor Werner Schmidt bezeichnete den Lehrer für Französisch und Geschichte als einen engagierten Pädagogen, der es in seinem Unterricht verstand, die Jugendlichen für seine Fächer zu begeistern. Seine Tochter Constanze, die Französisch und Deutsch studiert, um wie ihr Vater Lehrer zu werden, will nun das Fach Deutsch gegen Geschichte tauschen: „Ich möchte das Werk meines Vaters fortsetzen!“