1. heetfeld-1937

Heetfeld, Dietrich, Prof.

Fächer: Biologie / ?

Prof. Heetfeld unterrichtete bis 1937 an unserer Schule. 1925 gehörte er dem Kollegium an.

In memoriam
Professor Dietrich Heetfeld †

Mit großer Anteilnahme vernahmen wir Ehemaligen von dem tragischen Ableben Professor Dietrich Heetfelds. Mit ihm ist ein Mann von uns gegangen, der nicht nur von seinen Schülern geliebt und verehrt wurde, sondern der auch darüber hinaus sich einer außergewöhnlichen Wertschätzung erfreute. Geboren 1879 auf dem elterlichen Hofe im Sauerland, begann er nach dem bestandenen Abitur ein Studium der modernen Sprachen an den Universitäten Göttingen und Marburg. Seit 1904 war er am Charlottenburger Gymnasium tätig, wo ihm für seine hervorragenden Leistungen der Titel eines Professors verliehen wurde. Seine offizielle Tätigkeit in Osnabrück dauerte nur verhältnismäßig kurze Zeit, denn bereits 1937 trat Dietrich Heetfeld in den Ruhestand. Bei Kriegsausbruch und dem dadurch bedingten Personalmangel stellte er sich sofort wieder zur Verfügung, und dieses Comeback seiner pädagogischen Wirksamkeit sowie das über den schulischen Rahmen hinausgehende Vorbild haben seine Verdienste in Osnabrück erst eigentlich bekannt werden lassen.
Dietrich Heetfeld war ein Mann von vorbildlichen Eigenschaften. Da war zunächst einmal ein vorzügliches und ungemein fundiertes Fachwissen, das eine souveräne Handhabung des Unterrichts ermöglichte. Hinzu kamen hervorragende charakterliche Qualitäten: ein hoher und unbestechlicher Gerechtigkeitssinn, ein Blick für das Wesentliche jenseits alles (sic) oberflächlichen „Betriebes“, bei aller Klarheit und Entschiedenheit (er war Professor, ein Bekenner im wahrsten Sinne des Wortes), eine Toleranz und väterliche Güte, verbunden mit einem Wohlwollen und einer Hilfsbereitschaft insbesondere der Jugend gegenüber, die ihresgleichen suchen. Immer unvergeßlich wird mir die Situation wenige Wochen nach dem verlorenen zweiten Kriege sein. Da kam ich, aus dem Gefangenenlager entwichen, körperlich und seelisch bis zum äußersten strapaziert, im zerschlissenen Drillichanzug in die zerbombte Heimatstadt zurück und sah nahe dem Heger Tor auf den Wallanlagen in Dietrich Heetfeld das erste bekannte Gesicht. Die herzliche Begrüßung unter so tragischen Umständen, die wenigen ungekünstelten Worte haben sich mir unauslöschlich eingeprägt. Er sprach zu mir mit einer elementaren Sicherheit von dem Unzerstörbaren im Menschen, von der Verpflichtung, die sich den überlebenden dieses Krieges auferlegte, von den menschlichen Werten, die in der Not und Gefahr ihre Bewährung zeigen.
Und während er die in jenem Augenblick besonders laut vernehmlichen Victory-Feiern der Siegermächte mit dem unvermeidlichen Shakespearezitat erledigte (ich glaube, es war „All that glitters is not gold“), bereitete er mit souveränem, weitsichtigem Blick bereits neues Bestreben und neue Zielsetzungen vor.
Unmittelbar nach dem letzten Kriege hatte er, der politisch unbelastet war und über ein vorzügliches Fachwissen verfügte, Gelegenheit, in weitem Maße pädagogisch wirksam zu sein. In Zusammenarbeit mit dem Schulamt und der damals unvermeidlichen Militärregierung war er der allseits verehrte Leiter der englischen Dolmetscherkurse, in denen sich vom verletzten Kriegsabiturienten bis zum amtsenthobenen Regierungspräsidenten eine bunte, aber interessierte Mischung von Studierenden befand, die alle an der Vermittlung sprachlicher und kultureller Werte interessiert waren und die gleichmäßig im Banne dieser großartigen Erzieherpersönlichkeit standen. Insbesondere in unserer jungen Generation (damals waren wir es jedenfalls noch) wurden durch Dietrich Heetfelds überzeugende Wirksamkeit wieder humane Ziele gesteckt und ein tragfähiges Fundament für das weitere Leben vorbereitet. Dieses Erwecken von Werten sowie das Vermitteln von Wissen haben ihm in unserer Heimatstadt Osnabrück eine reiche Wirksamkeit beschert, die ihn, der bis zum letzten Augenblick neben einer erstaunlichen Gesundheit über eine bewundernswerte Klarheit des Geistes und ein sicheres Urteil verfügte, an aller Entwicklung regen Anteil nehmen ließ. Vielen wird seine hohe, ehrfurchtgebietende Erscheinung in Erinnerung bleiben, wie er, bei seinem täglichen Spaziergang durch die Stadt oder über den Westerberg, mit wohlwollendem Interesse das Geschehen um sich herum verfolgte und seine zahlreichen Bekannten an seiner reichen Lebensweisheit teilnehmen ließ. Mit besonders herzlicher Anteilnahme verfolgte er die Entwicklung seiner ehemaligen Schüler, und ich hatte die Genugtuung, ihm von unserer „Crew“ manches berichten zu können, das ihn mit Freude erfüllte.
Am 1. April wurde Professor Dietrich Heetfeld durch einen tragischen Unglücksfall unserem Dasein entrissen. Sein Werk aber wird in uns weiterleben. Dr. Konrad Liebmann

Quelle: „neue realität„, Heft 5 (Sommer 1959)

 

 

Menü