Karpati, Emil, Dr.
Fächer: Edkunde / Mathematik / Angewandte Mathematik
seit 10. Juli 1974 stv. Schulleiter; kommissarischer Schulleiter 1975-1977, zum 1. Februar 1978 in den Ruhetsand versetzt
Verabschiedung von Dr. Karpati
Sehr geehrter Herr Dr. Karpati!
Seit mehr als einem Jahr konnten Sie Ihre Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter nicht mehr wahrnehmen. Seit dem 31.1.1978 sind Sie endgültig in den Ruhestand versetzt. Kaum einer unter uns hat ein derartig wechselvolles Leben hinter sich. Sie haben eine Fülle von Erfahrungen gemacht, um die man Sie fast beneiden könnte, wenn diese nicht mit größten persönlichen Härten verbunden gewesen waren.
Bei der Charakterisierung des bekannten ungarischen Epikers Tibor Dery fiel mir im Vergleich auf, daß bei Ihnen nicht nur der Name zeitweise magyarisiert worden ist, sondern daß Sie auch typische Merkmale ungarischer Prägung angenommen haben. Es heißt da nämlich: ‚Ein Herr ungarischer Prägung, das bedeutet Qualifikation. Es will heißen, daß er, bei vollem Bewußtsein, auch in Reifejahren niemals magistral wurde, niemals Respekt erheischte, seinen Bewunderern mit einem Augenzwinker begegnete, sie zu Komplizen seiner Fehler und Verirrungen machte· Ironiker, Frauenfreund, Spieler‘.
Die Stärke eines Menschen ist zugleich auch seine Schwäche. Sie haben seit dem 10.7.1974 als ständiger Vertreter des Schulleiters niemals ‚das Magistrale‘ herausgekehrt. Sie kamen aus einem kommunistischen Staat mit viel praktizierter Autorität ohne Inhalt. Ich kann mir vorstellen, daß Sie hier auf keinen Fall wiederholen wollten, was Sie erfahren haben. Gleichwohl dürfte es Ihnen manchmal schwergefallen sein, viele Dinge in unserem Staat zu verstehen.
Bei der relativ kurzen Spanne, in der sich unsere Lebenswege berührten, habe ich es als besonders wohltuend empfunden, daß Sie immer wieder das Personale in den Vordergrund steilten. Ich persönlich stelle in den letzten Jahren einen erschreckend zunehmenden Mangel an Solidarität fest. Wenn H. v. Hentig als Leiter der Laborschule in Bielefeld beschwörend feststellt: ‚Die Lehrer an heutigen Schulen sind nicht solidarisch,‘ so ist das weniger eine Anklage als eine Feststellung. Sie macht deutlich, daß viele persönliche Beziehungen an den Gymnasien zerbröckeln, nicht nur zwischen den Lehrern, sondern auch zwischen Lehrern und Schülern.
Sie haben in Ihrer Promotionsarbeit sich mit der Regierung Karls V. beschäftigt. Karl V. führte in seinem Wappen den Spruch ‚plus ultra‘. Pindar sagt über die Säule des Herakles an der Straße von Gibraltar ’non plus ultra‘. Was haben Sie in den letzten Jahren öfter gedacht? Plus ultra? Non plus ultra?
Für Sie geht es jetzt sicher etwas unbelasteter weiter. Sie haben oft den Menschen in Ihrer Nähe mit freundlichen Worten Mut zugesprochen. Nicht immer sind Ihre Anliegen verstanden worden. Jetzt möchte ich Ihnen Mut zusprechen. Sie kommen in eine neue Periode Ihres Lebens, die aktiv gestaltet sein will. Mit Ihrer Gattin, die Sie seit 1945 begleitet, sollten Sie viele Dinge überlegt in Angriff nehmen. In München haben Sie für die folgenden Jahre Ihre Wahlheimat gefunden. Ihnen und Ihrer Gattin wünsche ich, daß durch Freunde und Bekannte viel Wärme und Geborgenheit in dieses Haus getragen werde, daß Sie beide vor allem mit besserer Gesundheit eine Zeit der Zufriedenheit und Harmonie erleben.
Im Namen des Kollegiums darf ich Ihnen zur Erinnerung an Osnabrück ein Geschenk in Form eines Zinntellers mit dem Wappen des Rathauses überreichen. Wenn man Zinn biegt, dann knirscht es. Lassen Sie also das Biegen, damit unangenehme Töne der vergangenen Jahre nicht in Ihr Ohr dringen. Nehmen Sie als Gesamteindruck den eines auf Hochglanz polierten Tellers. Leichte Flecken auf der Rückseite können jederzeit durch Polieren wieder zum Verschwinden gebracht werden.
W. Robel,
Vorsitzender des Personalausschusses
Quelle: Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium, Jahresbericht 1977/78, S. 11