1. moeller-alfons

Möller, Alfons, Dr.

Fächer: Biologie / Chemie / Erdkunde

Die Schulzeitschrift „neue realität“ gab Lehrkräften, die neu am EMA waren, Gelegenheit, sich vorzustellen.

»DAS WAR MEIN LEBEN«
In früher Sonntagmorgenstunde, am zehnten Tage des Ostermondes Anno 1921, erblickte ich das sogenannte Licht der Welt. Der Ort dieses wenig bedeutungsvollen Ereignisses ist das durch seinen Bürgerfleiß allseits bekannte Osnabrück an der Hase. Daselbst ging ich nicht nur zur Volksschule, sondern wurde auch von vortrefflichen Lehrern der damaligen Staatlichen Aufbauschule an der Brinkstraße unterrichtet. In stürmischer Zeit, im Kriegs jähr 1940, erhielt ich das Zeugnis, das mir meine „Reife“ bescheinigte, obwohl ich mich noch keineswegs reif fühlte.
Es blieb nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, da ich schon bald auf Geheiß des dutzendjährigen Reiches — das eigentlich 1000 Jahre währen sollte -6 Monde zum „Reichsarbeitsdienst“ mußte.
Zwei Semester lang war mir dann das große Glück beschieden, einen Blick zu werfen in die für mich neue, geheimnisvolle Welt der Universität. Es lockte mich, an der Entschleierung dieser Geheimnisse teilzunehmen – gewissermaßen die Gedanken des Schöpfers nachzudenken. Trotz der drohenden Unwetter unseligen Zeitgeistes war es für mich eine der glücklichsten Zeiten, denn an der Westfälischen Wilhelms-Univer-sität in Münster spürte man noch viel von der Freiheit des Geistes.
Anno 1941 wurde ich Soldat bei der „Königin der Waffen“, der Infanterie. Schon bald zog ich gen Osten, wo ich entdeckte, daß Polen und Russen nicht schlechthin Feinde, sondern auch Menschen wie du und ich sind. Im Fronteinsatz war ich Funker und Beobachter, was ebenso gefahrvoll wie interessant war. Ich habe aber nicht nur gefunkt und beobachtet, sondern auch Schießkarten gezeichnet, Kartoffeln gebraten und Hühner geschlachtet.
Infolge einer Granatstecksplitterverwundung am linken Unterschenkel mußte ich gegen Kriegsende in ein Lazarett der Stadt Aalborg in Dänemark, wohl dem einzigen Land Europas, in dem zu dieser Zeit noch Milch und Honig flössen.
Einige Monate später war ich endlich wieder daheim und setzte alsbald auch meine Studien in den Disziplinen der Zoologie, Botanik, Chemie und Geographie fort. In den Semesterferien war ich oft als Werkstudent tätig in Branchen, die mir gerade für meine Fächer manche praktische Erfahrung einbrachten.
Anno 1949 promovierte ich dann zum Doctor rerum naturalium mit der Dissertation: „Die Struktur des Auges bei Vrodelen verschiedener Körpergröße“. Man kann sehr viel darüber schreiben. Das hätte ich auch beinahe getan, wenn es der Verleger nicht anders gewollt hätte. – Nach Beendigung meiner chemischen Studien bestand ich Anno 1951 die Wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen.
Meine Referendarzeit begann mit 6 Monden Vorseminar im lieblichen Städtchen Bückeburg, dem Tor des Weserberglandes. Sie endete nach 18 weiteren Monden am Studienseminar in Göttingen mit dem Bestehen der pädagogischen Prüfung am 7. Tage des Julimondes Anno 1953.
Ich habe es nicht bereut, dann als Studienassessor mehrere Gymnasien im Lande Niedersachsen kennengelernt zu haben. Und jetzt bin ich froh darüber, am Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium unterrichten zu dürfen: damit ging mir ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung.
Fast hätte ich noch ein wichtiges Ereignis vergessen. Von Jugend an galt meine besondere Zuneigung Berlin. Den in den letzten Jahren oft wiederholten Losungen, Werbungen und Mahnungen der ehemaligen Reichshauptstadt konnte ich mich nicht verschließen: „Berlin ist schön.“ – „Berlin ist eine Reise wert.“ -„Berlin, unser Schicksal!“ – – Berlin wurde mein Schicksal, denn Anno 1957 -und zwar wiederum am 7. Tage des Julimondes — führte ich eine mit Spreewasser getaufte, waschechte Berlinerin als meine Lebensgefährtin heim, und damit dürfte diese Biographie vorerst beendet sein — die Fortsetzung folgt in den vielen Monden der nächsten Dezennien, so Gott will.
Dr. Alfons Möller

Quelle: „neue realität„, Heft 2, November 1958

Menü