1. schulgeburtstag-1867

Der Geburtstag der Schule: 28. Oktober 1867

„Am 28. October, Morgens 9 Uhr, ward … die Realschule durch einen feierlichen Act eröffnet.“

1867 wurde die Schule auf Veranlassung des damaligen Oberbürgermeisters (und späteren preußischen Finanzministers) Johannes von Miquel gegründet. Von ihm ist der Satz überliefert: „Kein Kapital trägt bessere Zinsen als der Aufwand für gute Schulen“[1] – eine bemerkenswert klare Aussage, von bestechender Aktualität auch noch 150 Jahre später.

Zwar gab es in der Stadt bereits das Gymnasium Carolinum und das Ratsgymnasium. „Die Stadt Osnabrück hat sich … in gewerblicher und commercieller (sic) Hinsicht günstig entwickelt; diesem Erblühen der Stadt entsprang der lebhafte Wunsch eines großen Theiles der Bürgerschaft, wie benachbarte altpreußische Städte, eine selbständige Realschule zu besitzen. (…) Am 16. Februar 1867 beschlossen beide städtische Collegien dem Vorschlage der Commission entsprechend eine communale Realschule für Protestanten und Katholiken … ins Leben zu rufen,“ mit der Besonderheit, dass „nur der Unterricht in der Religion und der Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit nach Confessionen ertheilt werden sollte,“ schreibt Gründungsdirektor Dr. Otto Fischer in seinem Jahresbericht 1868 [2].

Die neu gegründete Schule stellt sich ausdrücklich über die Konfessionen, soweit ihr das möglich ist, und überlässt diese Streitigkeiten den Kirchen. Sicherlich liegt in dieser, wie man damals sagte, „freigeistigen“ Haltung der Grund, weshalb verhältnismäßig viele jüdische Schüler aufgenommen werden konnten. Die folgende Tabelle verdeutlicht dies:

Schuljahr 1873/74 74/75 75/76 76/77 77/78 78/79
zusammen 418 417 392 385 378 374
Kath. 41 42 46 44 40 37
Ev. 393 361 338 328 339 316
Jüd. 11 14 8 12 15 21
Auswärtige 115 121 131 131 146 144

 

1878/79 bewegt sich der Anteil jüdischer Schüler mit rund 8% eher auf dem Niveau dessen der Katholiken mit 13%. Auf den hohen Anteil auswärtiger Schüler, die meist in Privatpensjonen untergebracht waren, wenn sie nicht als „Fahrschüler“ nach Unterrichtsende nach Hause fahren konnten, soll hier hingewiesen werden. (Nebenbei: Auch 2017 unterrichtet das EMA eine Vielzahl von Schülern aus dem Landkreis – viele kommen als ehemalige Realschulabsolventen ganz aus Bad Rothenfelde und Melle.)

So gesehen ist diese Gründung durchaus als Ergänzung, wenn nicht als Gegengewicht zu den überwiegend katholisch bzw. protestantisch geprägten Schulen Gymnasium Carolinum und Ratsgymnasium zu sehen. Deren humanistischem Bildungsideal mit dem Schwerpunkt auf Alten Sprachen und Geisteswissenschaften stellte Miquel eine Schule mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt zur Seite und gab so Jungen aus Handwerker-, Kleinhändler- und Industriearbeiterfamilien – heute spräche man von „bildungsfernen Schichten“ – die Möglichkeit zu höherer Bildung. (Dies wirkt bis weit ins 20. Jahrhundert hinein und sogar bis heute, aber davon später mehr. Ein Absolvent des Abiturjahrgangs 1947, viele Jahrzehnte lang als Anwalt niedergelassen, erzählte mir, dass ihm, dem Sohn eines Handwerkers, an dieser Schule die Unsicherheit und Scheu im Umgang mit Akademikern genommen worden sei. Schüler des Carolinum beispielsweise hätten keine Schwierigkeiten gehabt, der Frau eines Professors oder Arztes in der gebotenen Form zu begegnen, er von Hause aus sehr wohl. Diesen sozialen Nachteil gegenüber bildungsbürgerlichen Schichten habe er dank seinen Lehrern an der Lotter Straße ausgleichen können.)

Und so wurde die neue Schule denn auch als „Städtische Realschule 2. Ordnung“ eingerichtet, „da andernfalls diejenigen Schüler sämmtlich (sic) vom Besuche der Anstalt ausgeschlossen sein würden, welche bislang in der lateinischen Sprache gar nicht, oder nicht genügend unterrichtet waren“[3] (Fischer), die Umwandlung in eine Realschule erster Ordnung mit Lateinunterricht ab Kl. 6 bleibe aber im Blick, und sie wurde 1869 vollzogen.

Das Kalkül ging auf, und die Anmeldezahlen übertrafen die Erwartungen des Schulleiters: „Die Klassen waren von vornherein zum Theil sehr stark besetzt, namentlich waren die Anmeldungen für die Sexta (die Eingangsklasse; h.b-w) so zahlreich, daß der Unterzeichnete beim Magistrate um so mehr eine Theilung der Klasse … zu beantragen für Pflicht hielt …“ [4]. Nun waren wesentlich mehr Stunden zu erteilen als vorhergesehen. Das wurde von den Lehrern aufgefangen, und für den Unterricht wurden Privaträume angemietet. „Außer dem Gesangsunterrichte mußte auch der katholische Religionsunterricht für die oberen Klassen ausfallen, da der Herr Bischof von Osnabrück dem Gesuche des Magistrats, einen Geistlichen zu dessen Ertheilung zu desgnieren, nicht entsprach.
„Am 28. October, Morgens 9 Uhr, ward, wie schon erwähnt, die Realschule durch einen feierlichen Act eröffnet.[5]

[1] Kaufmann, a.a.O., S-17

[2] Otto Fischer, Erstes Programm der Realschule der Stadt Osnabrück. Osnabrück 1868, S. 1

[3] ebd.

[4] ebd.

[5] ebd.

H. Brammer-Willenbrock

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