Wer war Ernst Moritz Arndt?

Für Schülerinnen und Schüler des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums ist es von großer Bedeutung, zu wissen, wer der Namensgeber der Schule war, denn in regelmäßigen Abständen werden wir gefragt, warum unser Gymnasium heute noch diesen Namen trägt, denn Arndt könne doch für unsere Schülerinnen und Schüler kein Vorbild mehr sein.
In der Tat ist Ernst Moritz Arndt ein problematischer Namenspatron. Viele seiner Aussagen sind für uns heute nicht mehr akzeptabel. Aber wer war Ernst Moritz Arndt?

Arndts prägende Herkunft
Arndt wurde 1769 in Pommern geboren und war deshalb von Geburt schwedischer Staatsbürger. Pommern gehörte damals zum Königreich Schweden. Sein Vater war ursprünglich Leibeigener gewesen, der sich aber zum Pächter und Gutsinspektor emporgearbeitet hatte. Das ist wichtig für das Verständnis Arndts, denn zeitlebens hat er sich für die Belange der Bauern und kleinen Leute eingesetzt. Von 1791 bis 1794 studierte er in Greifswald und Jena Theologie und Geschichte. 1800 wurde er Privatdozent für Geschichte und Philosophie an der Universität in Greifswald. Im Zuge der französischen Eroberungskriege und der Besetzung Deutschlands entwickelte sich Arndt zum Franzosenhasser und überzeugten Nationalisten.

Arndt als Teil der antinapoleonischen Allianz
Im Jahre 1806 musste Arndt vor der französischen Besatzung nach Schweden fliehen und war dort als Redakteur, politischer Schriftsteller und Übersetzer schwedischer Gesetzestexte ins Deutsche tätig. 1809-1811 hielt er sich wieder in Greifswald und Berlin auf, wo er, zunehmend überzeugt von der Vorkämpferrolle Preußens im nationalen Befreiungs- und Einigungskampf, Kontakt zu preußischen Patrioten knüpfte. 1812 folgte Arndt dem preußischen Reformer, dem Freiherrn vom Stein, als Sekretär nach Sankt Petersburg, wo dieser bei der Vorbereitung der antinapoleonischen Allianz mitwirkte. Arndt wurde zum Berater Steins, seine Aufgabe bestand u.a. darin, Freiwillige für die Befreiungskriege zu rekrutieren und die Soldaten zu mobilisieren. Arndts antifranzösischen Hetzschriften und Kriegsgedichte wurden damals vielfach gelesen und gesungen. Für unsere Ohren heute wirken sie abstoßend. Doch man muss sie auch als Dokumente des preußisch-deutschen Befreiungskampfes gegen die französische Besatzungsmacht sehen, die zum damaligen Zeitpunkt als „normale“ Kriegspropaganda angesehen wurden. Auch die französische Nationalhymne, die Marseillaise, ist im Übrigen ein blutrünstiges Kampflied gegen die Feinde Frankreichs und der französischen Revolution.

Anklage, Suspendierung und Rehabilitierung
1818 folgte Ernst Moritz Arndt einem Ruf als Geschichtsprofessor an die neu gegründete Universität in Bonn. Allerdings dauerte seine Lehrtätigkeit nicht lange. 1820 wurde er aufgrund der Karlsbader Beschlüsse im so genannten Demagogenprozess angeklagt und vom Dienst suspendiert. Im Jahr 1826 musste er sein Professorenamt ganz niederlegen. Erst 1840 wurde er von dem neuen preußischen König Friedrich Wilhelm IV. rehabilitiert und konnte seine Lehrtätigkeit wieder aufnehmen und bis 1854 ausüben.

Einsatz für die Deutsche Einheit
1848 zog er als Abgeordneter in die Paulskirche in Frankfurt ein. Seine ungebrochene Popularität wurde auch darin deutlich, dass die Abgeordneten sich bei seinem Einzug erhoben und das Arndt-Lied „Was ist des deutschen Vaterland“ anstimmten. Arndt setzte sich für eine konstitutionelle Monarchie unter Führung des preußischen Königs ein, doch dieser lehnte die ihm vom Parlament angebotene Kaiserkrone ab.
Der Traum von der Einheit Deutschlands blieb daher zunächst unerfüllt und wurde erst 1871 unter preußischer Führung Wirklichkeit. Arndt starb hochbetagt am 29. Januar 1860 in Bonn.

Erinnerung an Arndt
In Bonn wurde Arndts Wirken seit 1817 zuletzt 2017 anlässlich des zweihundertjährigen Jubiläums der evangelischen Gemeinde gewürdigt, indem an das besondere Engagement des langjährigen Kirchenältesten im Bereich der Jugendbildung, der Armenfürsorge und der Krankenpflege erinnert wurde. Hier entstanden auch seine beiden Kirchenlieder, die sich bis heute im evangelischen Gesangbuch finden.

Namensgebung 1957 – Anlass für kritischen Auseinandersetzung mit Arndt
Im Jahr 1957, als unsere Schule nach Ernst Moritz Arndt benannt wurde, waren viele Menschen nach dem Ende des II. Weltkrieges aus ihrer Heimat, u.a. aus Pommern, vertrieben worden.  Deutschland war zudem in zwei deutsche Staaten geteilt. Mit der Namensgebung wollte der Rat der Stadt Osnabrück damals den Wunsch nach einer Wiedervereinigung Deutschlands in der Bevölkerung wach halten, getreu dem Motto Arndts: „Das ganze Deutschland soll es sein.“
Für uns ist Arndt heute allerdings kein Vorbild mehr. Seine antifranzösischen Kriegs- und Hetzschriften sowie seine antisemitischen Auslassungen passen nicht in unsere Zeit und vor allem nicht an eine Europaschule. Dennoch gehört der Name Ernst Moritz Arndt zur Geschichte unserer Schule, aus der man nicht einfach aussteigen kann, auch nicht durch eine Namensänderung. Vielmehr muss man sich immer wieder mit dieser Geschichte kritisch auseinandersetzen. Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit werden auch nicht durch eine oberflächliche Namensänderung überwunden, sondern durch eine Auseinandersetzung mit ihren geistigen Wurzeln, zu denen auch Ernst Moritz Arndt gehört. Das ist eine Verpflichtung für jede neue Schüler- und Lehrergeneration. Wir tragen dem Rechnung, indem wir uns dazu verpflichtet haben, Person und Werk sowie die Zeit Ernst Moritz Arndts in allen Jahrgangsstufen, vor allem im Geschichtsunterricht, zu behandeln.

Der Geist des EMA ist geprägt von Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz. Das EMA leistet wertvolle Integrationsarbeit für Schülerinnen und Schüler aller Religionen, die ihre Wurzeln in 54 Ländern haben.
Dieses Erbe fortzusetzen ist eine lohnende Aufgabe, unabhängig vom Namen der Schule.

Dr. Friedemann Neuhaus
Hartmut Bruns
Sebastian Lücking

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